Teil 1 des wissenschaftlichen Updates vom 15.2.2022 besteht aus der epidemiologischen Lagebeurteilung. Teil 2 diskutiert Aspekte zum Umgang mit SARS-CoV-2 in den kommenden 12 Monaten (pdf). Insbesondere werden Szenarien, Handlungsoptionen und Vorbereitungen aus wissenschaftlicher Perspektive beleuchtet, mit dem Ziel, die Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf die Gesellschaft so gering wie möglich zu halten. Diese Ausführung sind nicht als Forderungen zu verstehen, sondern als Möglichkeiten zum zukünftigen Umgang mit SARS-CoV-2 und zur Bewältigung zukünftiger pandemischer Herausforderungen.
TEIL 1
Epidemiologische Lagebeurteilung
Allgemeine Situation
In der Schweiz ist seit Kalenderwoche 51, 2021 die Omikron-Variante BA.1 dominant. In Kalenderwoche 5, 2022 hatte BA.1 eine Häufigkeit von 91%. Die Zahl der bestätigten Fälle stieg bis Ende Januar 2022 kontinuierlich an und nimmt seit Anfang Februar 2022 ab. Der R-Wert ist seit der zweiten Januarhälfte signifikant unter 1.
Zum Teil kann diese Abnahme der gemeldeten Fälle auf eine Verringerung der durchgeführten Tests in den letzten zwei Wochen zurückgeführt werden. Allerdings sind auch die Mengen von SARS-CoV-2 im Abwasser in allen überwachten Kläranlagen rückläufig[1] und die Positivität ist trotz Verringerung der Tests eher rückläufig. Dies sind Indizien dafür, dass der Höhepunkt der Infektionen mit dem Omikron-Subtyp BA.1 erreicht wurde.
Der Omikron-Untervariante BA.2 hat die letzten Wochen rasch zugenommen und machte in Kalenderwoche 5, 2022 7.8% der sequenzierten Proben aus.
Dynamik
Gemäss den aktuellsten Schätzung war der R-Wert seit seinem Höchststand von 1,5 am 25.12.2021 bis auf wenige Tage in der ersten Kalenderwoche 2022 signifikant über 1. Der R-Wert ist ab Mitte Januar gefallen und seit 21. Januar 2022 signifikant unter 1.
Der 7-Tageschnitt der schweizweiten Reproduktionszahl ist bei 0,84 (95% Unsicherheitsintervall, UI: 0,79-0,9); dies reflektiert das Infektionsgeschehen vom 29.01. – 04.02.2022[2].
Tagesbasierte Schätzungen der effektiven Reproduktionszahl Re für die Schweiz betragen:
- 0,82 (95% UI: 0,75-0,88) aufgrund der bestätigten Fälle, per 04.02.2022.
- 0,83 (95% UI: 0,74-0,94) aufgrund der Hospitalisationen, per 29.01.2022. Wie im epidemiologischen Bericht vom 25. Januar 2022 diskutiert[3], ist diese Schätzung aber verfälscht durch Meldeverzögerungen. Zum Vergleich aufgrund der bestätigten Fälle wird Re für den selben Tag auf 0,87 (95% UI: 0,82-0,92) geschätzt.
- 0,9 (95% UI: 0,63-1,22) aufgrund der Todesfälle, per 23.01.2022. Zum Vergleich aufgrund der Hospitalisationen wird Re für den selben Tag auf 0,91 (95% UI: 0,82-1,01) geschätzt. Aufgrund der bestätigten Fälle wird Re für den selben Tag auf 0,89 (95% UI: 0,84-0,95) geschätzt.
Wegen Meldeverzögerungen und Fluktuationen in den Daten könnten die Schätzwerte nachkorrigiert werden. Insbesondere waren Spitalmeldungen in den letzten Wochen unvollständig[4]. Wir weisen darauf hin, dass die Re Werte das Infektionsgeschehen nur verzögert widerspiegeln, weil eine gewisse Zeit vergeht zwischen der Infektion und dem Testresultat oder dem etwaigen Tod. Für Re Werte, die auf Fallzahlen basieren, beträgt diese Verzögerung mindestens 10 Tage, für Todesfälle bis zu 23 Tagen.
Parallel bestimmen wir die Änderungsraten der bestätigten Fälle, Hospitalisationen und Todesfälle über die letzten 14 Tage[5]. Die bestätigten Fälle nahmen mit einer Rate von -29% (UI: -21% bis -36%) pro Woche ab. Die gemeldeten Hospitalisierungen fielen mit einer Rate von -18% (UI: -10% bis -25%) pro Woche, wobei diese Zahl wegen den erwähnten Meldeverzögerungen[6] noch verfälscht sein könnte. Die Todesfälle nahmen mit einer Rate von -15% (UI: 9% bis -34%) pro Woche ab. Diese Werte spiegeln das Infektionsgeschehen vor mehreren Wochen wider.
Die Entwicklung der Fallzahlen, Hospitalisierungen und Todesfällen stratifiziert nach Alter kann auf unserem Dashboard verfolgt werden[7]. Die Zahl der Fälle nahm in allen Altersgruppen signifikant ab, ausser in den Altersklassen ab 70 Jahren.
Absolute Zahlen
Die kumulierte Anzahl der bestätigten Fälle über die letzten 14 Tage liegt bei 4331 pro 100’000 Einwohner:innen. Die Testpositivität liegt bei 35,7% (Stand 11.02.2022, das ist der letzte Tag für welchen nur noch wenige Nachmeldungen erwartet werden).
Die Anzahl der COVID-19-Patient:innen auf Intensivstationen lag über die letzten 14 Tage im Bereich von 196-219[8] Personen (die Änderung war -1% (UI: 5% bis -8%) pro Woche).
Die Zahl der täglichen laborbestätigten Todesfälle lag über die letzten 14 Tage zwischen 7 und 23[9].
Varianten
Seit Kalenderwoche 51 2021 ist der Omikron-Subtyp BA.1 in der Schweiz dominant, wurde über 14’500-mal nachgewiesen und hatte in der Kalenderwoche 5, 2022 einen Anteil von 91% unter allen sequenzierten Proben[10]. Der Omikron-Subtyp BA.2 wurde bislang 223-mal nachgewiesen und hatte in Kalenderwoche 5, 2022 einen Anteil von 7.8% unter allen sequenzierten Proben[11]. Momentan verdoppelt sich die relative Häufigkeit von BA.2 innerhalb von weniger als einer Woche. Wenn sich dieser Trend weiter so fortsetzt wird BA.2 im März mehr als 80% der bestätigten Fälle ausmachen.
Die bisherigen Studien zur epidemiologischen Ausbreitung von Omikron BA.1, den Impfschutz gegen diese Variante und der Schwere von Omikron-Infektionen sind in unseren Berichten der letzten Wochen diskutiert[12].
BA.2 scheint einen Übertragungsvorteil gegenüber BA.1 zu besitzen: in einer in einem Preprint beschriebenen dänischen Studie wurden Sekundärangriffsraten von BA.1 und BA.2 zu 29% and 39% geschätzt[13]. In vitro Daten deuten darauf hin, dass BA.2 den Schutz durch Antikörper von geimpften und genesenen Personen in vergleichbarem Ausmass umgehen kann wie BA.1. Hingegen ist bei BA.2 die Aktivität des monoklonalen Antikörpers Sotrovimab, der in der Schweiz therapeutisch eingesetzt wird, deutlich vermindert[14],[15]. Zur Virulenz von BA.2 liegen noch keine belastbaren Informationen vor.
TEIL 2
Aspekte zum Umgang mit SARS-CoV-2 in den kommenden 12 Monaten
Szenarien, Handlungsoptionen und Vorbereitung aus wissenschaftlicher Perspektive (pdf)
1. Epidemiologische Szenarien
Ausgangslage
Zum Ende des Winters 2021/22 rechnen wir damit, dass die allermeisten Menschen in der Schweiz eine gewisse Immunität gegen SARS-CoV-2 haben – aufgrund von Genesung oder aufgrund von Impfung. Zum Höhepunkt der Omikron Welle wurden innerhalb von 4 Wochen knapp 900’000 Menschen in der Schweiz positiv auf SARS-CoV-2 getestet[16]. Bei einer Dunkelziffer von 3-4 [17] bedeutet dies, dass allein in diesen 4 Wochen 30-40% der Menschen in der Schweiz mit der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 infiziert wurden. Zudem sind aktuell, Mitte Februar 2022, 70% der Schweizerinnen und Schweizer mindestens einmal gegen SARS-CoV-2 geimpft[18].
Die Wahrscheinlichkeit nach positivem Test hospitalisiert zu werden, ist in den letzten 12 Monaten deutlich gesunken. Hauptgrund ist die Impfung, welche eine hohe Schutzwirkung gegen einen schweren Krankheitsverlauf bei allen zirkulierenden Varianten zeigt. Die Abnahme der Fall-Hospitalisationsrate hat sich seit Anfang 2022 nochmals mit zunehmender Dominanz von Omikron verstärkt. Omikron infiziert in grösserem Masse als Delta Geimpfte und Genesene, was dazu führt, dass ein höherer Anteil der Infizierten durch die Impfung gegen einen schweren Verlauf geschützt ist. Omikron hat zudem eine tiefere intrinsische Virulenz. Das wurde in klinischen Studien belegt[19],[20] (Zusammenfassung dazu in[21]) und wird auch durch Labor- und Tierversuche nahegelegt[22],[23].
Für die Menschen ohne bisherige Infektion oder Impfung oder Menschen, die aufgrund von Immunsuppression nicht durch Impfung geschützt werden können, besteht weiter ein erhöhtes Risiko eines schweren Verlaufs bei Infektion mit SARS-CoV-2 [24].
Abb. 1. Zahl der Hospitalisationen relativ zu den positiven Fällen, in Prozent (mit 95% Vertrauensintervall).
Auch wenn in der Zukunft weiterhin Perioden mit höherer Viruszirkulation zu erwarten sind, ist die für die Zukunft erwartete Krankheitslast in Spitälern deutlich reduziert gegenüber der Zeit, bevor eine Impfung möglich war. Diverse Studien zeigen, dass nach Impfung oder nach Infektion der Schutz gegen schwere Erkrankung deutlich höher und länger anhaltend ist (Schutzdauer wahrscheinlich Jahre bei mehrmaliger Exposition mit dem Stachel-Protein durch Impfung oder Infektion), als der Schutz vor Ansteckung und vor einer milden Erkrankung mit Symptomen des oberen Respirationstraktes (Abfall des Schutzes innert Wochen bis Monate) [25],[26],[27].
Im Folgenden diskutieren wir zwei mögliche und aus unserer Sicht plausible Szenarien für die mittelfristige Entwicklung der Situation in der Schweiz, und legen Handlungsoptionen dar, um die Belastung der Bevölkerung durch respiratorische Viren tief zu halten.
Szenario A - Phase mit hoher Immunität gegen schwere Verläufe in Bevölkerung
In diesem Szenario bliebe die Immunität der Bevölkerung gegen schwere Verläufe hoch. Momentan (Mitte Februar 2022) ist die Immunität in der Bevölkerung durch Impfungen und Infektionen hoch. Auf das Frühjahr 2022 erwartet man einen weiteren Rückgang der Viruszirkulation und einen Übergang in Szenario A (hohe Immunität der Bevölkerung gegen schwere Verläufe). Diese Phase wird anhalten, solange die Immunität gegen schwere Krankheitsverläufe hoch bleibt, entweder, weil die Immunität lange bestehen bleibt, oder, weil sie durch weitere Impfungen oder durch wiederkehrende Infektionen aufgefrischt wird. Nachdem SARS-CoV-2 in den letzten 24 Monaten in Mitteleuropa klare saisonale Effekte aufgewiesen hat, erwarten wir als wiederkehrendes Muster insbesondere saisonale Infektions-Wellen in den Wintermonaten.
Ein Übergang in Szenario A bedeutet nicht, dass SARS-CoV-2 kein Risiko mehr darstellt für die Gesundheit der Bevölkerung und jegliche Vorkehrungen zu Prävention, Behandlung und Rehabilitation verworfen werden können. Für Menschen, welche keine gute Immunabwehr aufbauen konnten, ist das Risiko schwerer Verläufe nach wie vor in einem ähnlichen Bereich wie Anfang 2020. Sogenannte milde Verläufe bedeuten weiter, dass diese Menschen womöglich tagelang wegen Krankheitssymptomen ihrem gewohnten Tagesablauf nicht nachgehen können. Zudem sind die Langzeitfolgen von COVID-19 (LongCovid), welche in einem Teil der Patient:innen auftreten, noch schlecht verstanden. Auch wenn mit Eintreten von Szenario A oft vom Ende der pandemischen Phase gesprochen wird, bleiben Vorkehrungen zu Prävention, Behandlung und Rehabilitation wichtig. Ein Vergleich: Malaria ist in tropischen Ländern endemisch (und nicht pandemisch) und führt jährlich zu mehr als 400’000 Todesfällen[28]. Dies bedeutet, dass 1 von 20’000 Menschen weltweit pro Jahr an Malaria stirbt. Hier werden selbstverständlich Schutzvorkehrungen wie Moskitonetze in der endemischen Phase beibehalten.
Szenario A fasst die Szenarien 1-3 (von insg. 4 Szenarien) der Scientific Advisory Group for Emergencies (SAGE,[29]) aus Grossbritannien zusammen[30]. Auch im SAGE Bericht wird deutlich dass Szenario A Risiken birgt, welche die Gesellschaft vor Herausforderungen im Umgang mit SARS-CoV-2 stellen.
SARS-CoV-2 ist ein neuartiges Virus und viele Fragen bleiben offen. Beispielsweise weiss man wenig darüber, welche Menschen ein erhöhtes Risiko für längerfristige gesundheitliche Beschwerden nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 (Long Covid) haben[31] und wie lange solche Beschwerden nach einer Infektion andauern. Weiter beinhaltet Szenario A in der Langzeitperspektive über mehrere Jahre die Möglichkeit starker saisonaler Krankheitswellen im Winter, welche deutlich stärker ausfallen können als saisonale Grippewellen. Daher liegt es nahe, zum Schutz der Bevölkerung nach dem Vorsorgeprinzip zu handeln.
Szenario B - Phase mit tiefer Immunität gegen schwere Verläufe in Bevölkerung
Dieses Szenario würde eintreten, falls die Immunität gegen schwere Verläufe in der Bevölkerung schnell und stark abnimmt. Dies, weil die Immunität entweder nicht durch erneute Impfungen oder Infektion aufgefrischt wird, oder weil eine Variante häufig wird, die der Immunität gegen schwere Verläufe nach Impfung oder Infektion mit den momentan zirkulierenden Varianten ausweicht. Dieses Szenario könnte die öffentliche Gesundheit in der Schweiz wieder in eine akute Notlage bringen. Das Gesundheitswesen und insbesondere die Spitäler könnten überlastet und die Gesellschaft aufgrund sehr vieler Infektionen stark belastet werden. Szenario B kommt vergangenen Situationen in der Pandemie mit wenig Immunität in der Bevölkerung nahe. Szenario B entspricht dem Szenario 4 von SAGE[32].
Ziele
Ziel in Szenario A (hohe Immunität in Bevölkerung gegen schwere Verläufe) sollte sein, einen Übergang zu Szenario B (tiefe Immunität in Bevölkerung gegen schwere Verläufe) zu verhindern und die Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf die Gesellschaft so gering wie möglich zu halten.
Wir diskutieren im Folgenden aus wissenschaftlicher Sicht zentrale Aspekte, die helfen können, diese Ziele zu erreichen (Abschnitt 2-11). Abschliessend diskutieren wir, welche Werkzeuge und Handlungsoptionen bei einem Übergang in Szenario B eingesetzt werden könnten (Abschnitt 12).
2. Mögliche allgemeine Vorkehrungen zur Reduzierung der Verbreitung von respiratorischen Viren
Situation
Einfache Vorkehrungen können die potenzielle Krankheitslast durch SARS-CoV-2 und andere respiratorische Viren reduzieren. Insbesondere in Wintermonaten können Wellen von SARS-CoV-2 mit Wellen anderer respiratorischer Krankheitserreger zusammenfallen und eine grosse Krankheitslast für die Menschen und eine starke Belastung für die Spitäler darstellen. SARS-CoV-2, wie auch viele andere respiratorische Viren, werden durch Aerosole und Tröpfchen übertragen, welche sich in Innenräumen anreichern können – abhängig von der Personenzahl pro Raumvolumen und dem Luftaustausch pro Zeit[33]. Übertragungen mit Aerosolen finden in schlecht belüfteten Innenräumen unabhängig vom Abstand statt. Übertragungen mit Tröpfchen finden bei unzureichendem Abstand statt.
Ziele
Eine gute Luftqualität und das Tragen von Masken bzw. Abstand halten sind zentral, um Infektionen mit respiratorischen Viren zu reduzieren[34]. Eine gute Luftqualität bedeutet, dass die Aerosolkonzentration tief ist. Masken führen dazu, dass einerseits weniger Tröpfchen und Aerosole in die Umgebung abgegeben werden, andererseits vermindern Masken auch die Menge an eingeatmeten Tröpfchen und Aerosolen[35]. Abstand schützt insbesondere vor Tröpfcheninfektion.
Handlungsoptionen
Um die Krankheitslast aufgrund von respiratorischen Viren tief zu halten, empfiehlt sich daher, in Innenräumen für einen möglichst guten Luftaustausch zu sorgen. Bei ungenügendem Luftaustausch und/oder zu hoher Personenzahl im Verhältnis zur Raumgrösse steigt sowohl die Aerosolbelastung als auch die CO2-Konzentration in der Raumluft. CO2-Sensoren können eine ungenügende Luftqualität anzeigen und damit eine bessere Belüftung unterstützen[36]. Da eine unzureichende Belüftung das Risiko von Übertragungen erhöht, während eine übermässige Belüftung den Komfort verringert kann und den Energieverbrauch erhöht, kann der Einsatz von CO2-Sensoren ein einfacher Ansatz sein, um ein angemessenes Mass an Belüftung zu erreichen. Parallel können Optionen für Anpassungen von Gebäudelüftungen geprüft werden, um langfristig für eine gute Luftqualität zu sorgen. Durch Kommunikation kann weiter auf die grosse Bedeutung der Belüftung bei privaten Anlässen hingewiesen werden.
Situatives Tragen von Masken und Vermeidung von grossen Menschenansammlungen werden weiter während saisonalen Wellen die Zirkulation und damit den Höhepunkt einer Welle reduzieren.
Ein kollektives Maskentragen in Innenräumen verringert, solange die Fallzahlen hoch sind, das Übertragungsrisiko und damit das Risiko von Folgen einer Infektion. Dies wird durch eine Berechnung des Risikos einer Infektion für eine Person in zwei Szenarien in Innenräumen veranschaulicht, die auf aktuellen Daten des deutschen Max-Planck-Instituts beruht[37]. Die beiden Szenarien fokussieren auf das Risiko, dass eine Person – hier Person A genannt – durch einen Aufenthalt in einem Innenraum mit SARS-CoV-2 infiziert wird. In Szenario 1 tragen alle Anwesenden (inklusive Person A) eine chirurgische Maske. In Szenario 2 trägt Person A eine FFP2-Maske, alle anderen tragen keine Maske. Von Szenario 1 zu Szenario 2 steigt das Risiko, sich anzustecken, für die Person A um einen Faktor zwischen 20 und 300. Selbst wenn Person A versucht, sich so gut wie möglich zu schützen (FFP2-Maske), würde sich ihr Risiko also erheblich erhöhen, wenn das allgemeine Tragen von Masken abgeschafft würde. Kollektives Tragen von chirurgischen Masken führt also in dieser Situation zu einem besseren Ergebnis, als wenn einzelne Menschen sich mit einer FFP2-Maske individuell schützen.
Solange die Fallzahlen und damit das Ansteckungsrisiko beachtlich sind, sollte daher die Beibehaltung einer Maskenpflicht für Innenräume in Betracht gezogen werden, insbesondere für geschlossene Räume, die von allen Menschen frequentiert werden müssen (öffentliche Verkehrsmittel, Geschäfte des täglichen Bedarfs, Gesundheitseinrichtungen, Ausbildungsstätten) oder die eine hohe Dichte besonders gefährdeter Menschen aufweisen (Pflegeheime, Gesundheitseinrichtungen). Mit einer Maskenpflicht in Innenräumen kann die Bevölkerung, und insbesondere gefährdeten Personen, bei hoher Viruszirkulation vor den akuten und langfristigen Folgen einer Infektion effektiv geschützt werden.
3. Überwachung der Epidemie
3.1 Datenverfügbarkeit
Situation
Im Laufe der Pandemie hat sich die Datensituation erheblich verbessert. Wichtige Daten werden zeitnah auf covid19.admin.ch[38] zur Verfügung gestellt.
Ziele
Mit einer weiteren Automatisierung der Datenerhebung sowie einer Zusammenführung von Datensätzen und Erweiterung der Datenerhebung zugeschnitten auf die Herausforderungen in der kommenden Phase der Pandemie wird eine evidenz-basierte Entscheidungsgrundlage in dieser Phase sichergestellt. Weiter wäre dann im Falle eines Übergangs von Szenario A (hohe Immunität in der Bevölkerung gegen schwere Verläufe) in Szenario B (tiefe Immunität in der Bevölkerung gegen schwere Verläufe) eine zuverlässige Datengrundlage für die Bewältigung einer möglichen Krisensituation sichergestellt.
Handlungsoptionen
Als Teil der Vorbereitung auf künftige Epidemiewellen bietet es sich an, alle Systeme, die zu nationalen Schlüsselindikatoren führen (einschliesslich aller auf dem covid19-Dashboard dargestellten Daten) zu automatisieren. Automatisierte Prozesse vermeiden Zeitverzögerungen und manuelle Fehler.
Der Umfang und die Qualität der erhobenen Daten sind ebenso wichtig wie die Geschwindigkeit der Datenerhebung. Eine Verknüpfung von Datenbanken würde ermöglichen, Fragen zu beantworten, die für die Überwachung von epidemischen Wellen zentral sind. Beispiele sind:
- Wie viele positive Tests stammen von bereits geimpften oder genesenen Personen?
- Mit welchen Varianten sind hospitalisierte Personen infiziert?
Hier müssten gegebenenfalls die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden (Abschnitt 9).
Wichtig ist auch zu analysieren, wo wichtige Lücken in der Erhebung von Daten bestehen. Beispielsweise könnte mit einem schweizweiten Impfregister die Impfung in ihrer Schutzwirkung im Bezug auf den klinischen Verlauf betrachtet werden und damit die Notwendigkeit von Auffrischungsimpfungen bestimmt werden. Mit einem Long Covid-Register stünde ein umfangreicher repräsentativer Datensatz zur Untersuchung der Häufigkeit, Ausprägung und Dauer von länger andauernden Beschwerden nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 zur Verfügung.
3.2 Tests
Situation
Momentan werden nach Möglichkeit alle symptomatischen Personen und Menschen mit Kontakt zu positiven Fällen getestet. Das repetitive Testen wurde während der Omikron-Welle zurückgefahren.
Ziele
Schneller Zugang zum Testen wird wichtig bleiben für Menschen, die aufgrund von Risikofaktoren nach einer allfälligen COVID-Diagnose rasch eine individuelle Behandlung benötigen. Zudem sollen die Tests Information über das epidemiologische Geschehen liefern. Im Falle eines Übergangs in Szenario B (tiefe Immunität der Bevölkerung gegen schwere Verläufe) sollten umgehend wieder breite Testmöglichkeiten verfügbar sein.
Handlungsoptionen
- Menschen, die einem Risiko für schwere Erkrankungen ausgesetzt sind, um eine optimale Behandlung zu gewährleisten.
- Symptomatische Personen, die Kontakt zu Risikogruppen haben, z. B. Personal von Gesundheitseinrichtungen und Pflegeheimen; dies, um Ausbrüche in diesen Einrichtungen zu verhindern.
- Alle Menschen, die für eine stationäre Behandlung in Spitäler und Pflegeeinrichtungen eingewiesen werden, unabhängig von der zugrunde liegenden Diagnose. Tests bei allen Spitaleintritten werden eine doppelte Rolle spielen. Erstens verringern diese Tests das Risiko nosokomialer Infektionen. Zweitens dienen sie als zufällige Stichproben innerhalb der Überwachung.
- Menschen mit respiratorischen Symptomen sollten im Rahmen der Sentinella-Überwachung auf eine breite Palette respiratorischer Erreger inklusive SARS-CoV-2, Influenza, RSV und weitere Viren getestet werden.
3.3 Genomisches Überwachungsprogramm
Situation
In der Zeit seit Frühjahr 2020 wurde in der Schweiz ein umfangreiches genomisches Überwachungsprogramm aufgebaut. Momentan liefert das genomische Überwachungsprogramm[39] etwa 2000 Genomsequenzen pro Woche. Ein Teil der zugrunde liegenden Proben werden nach dem Zufallsprinzip zur allgemeinen Überwachung aus allen positiven Tests ausgewählt. Ein zweiter und grösserer Teil der Proben stammt von hospitalisierten Patient:innen. Diese Überwachung wird durch gezielte Sequenzierung bei Ausbrüchen ergänzt für epidemiologische Untersuchungen. Die daraus resultierenden Daten werden öffentlich zugänglich gemacht[40],[41],[42] und wöchentlich ausgewertet. Von der Probenahme bis zur Veröffentlichung der Sequenzen vergehen in der Regel etwa 2 Wochen. Dieses Programm endet zum 31.03.2022. Parallel werden bis zum Sommer 2022 an sechs Standorten regelmässig Abwasserproben entnommen und sowohl die SARS-CoV-2 Virenkonzentration wie auch die genomische Komposition dieser Viren erhoben[43],[44]. Zur schnelleren Identifizierung von Varianten wurde die Vollgenomsequenzierung durch allelspezifische PCRs oder der Sequenzierung des S-Gens ergänzt[45]. Diese Datenerhebungen haben es der Schweiz ermöglicht, präzise und zeitnahe Schätzungen darüber zu erhalten, welche Varianten in verschiedenen Teilen des Landes im Umlauf sind [46],[47],[48].
Ziele
Ein genomisches Überwachungsprogramm für klinische Proben und Abwasserproben sollte aufrechterhalten werden, um schnell neue Varianten zu erkennen und wirksam auf diese reagieren zu können. Für die klinischen Proben wird zentral sein, neben der genomischen Information auch die dazugehörigen klinischen Daten zu erheben.
Handlungsoptionen
Wir schlagen vor, in den kommenden 12 Monaten SARS-CoV-2-Vollgenomsequenzen von hospitalisierten Patient:innen und Proben aus dem Sentinella-Netzwerk zu bestimmen. Eine reduzierte Anzahl von bis zu 5000 Proben pro Monat oder 10% aller positiven Fälle sollte einen ausreichenden Einblick in die Häufigkeiten von verschiedenen SARS-CoV-2-Varianten in der Schweiz geben. Dies wird eine frühzeitige Erkennung neuer Varianten und ihrer Dynamik ermöglichen, was besonders wichtig ist, wenn neue bedenkliche Varianten auftauchen oder wenn Varianten unterschiedlich auf Medikamente ansprechen oder spezifische Therapien erfordern[49]. Hier ist wichtig, dass zu jeder Genom-Sequenz auch Information zum klinischen Verlauf der COVID-Infektion erhoben wird. Damit werden Varianten-spezifische Eigenschaften zu klinischen Verläufen bestimmt, welche für die Abschätzungen zukünftiger Entwicklungen sowie die Planung von Ressourcen zentral sind. Weiter wird die Einführung von Varianten-spezifischen PCR Tests oder der Sequenzierung des S-Gens bei Auftreten einer besorgniserregenden Variante erlauben, die Variante zeitnah (im Vergleich zur Vollgenomsequenzierung) zu verfolgen[50].
Abwasseranalysen können unabhängig von der Erhebung klinischer Proben einen Einblick in die Viruszirkulation in der Bevölkerung geben. Insbesondere kann so eine Zirkulation in Gruppen, welche wenig getestet werden, rascher erkannt werden und die Varianten bestimmt werden[51].
Idealerweise würde ein Überwachungsprogramm nicht nur SARS-CoV-2 abdecken, sondern auch andere RNA-Viren, die für die öffentliche Gesundheit von Interesse sind, wie z. B. Influenzaviren, RSV oder Masern[52], da erhebliche Synergien bei der Probenverarbeitung und der nachgeschalteten bioinformatischen Analyse erzielt werden könnten.
3.4 Immunologische Überwachung
Situation
In den vergangenen zwei Jahren haben die allermeisten in der Schweiz lebenden Personen durch Impfungen und/oder durchgemachte Infektionen eine gewisse Antikörper- und T-Zell vermittelte Immunität gegen SARS-CoV-2 aufgebaut. Es ist zu erwarten, dass grosse Unterschiede bestehen zwischen verschiedene Bevölkerungsgruppen – die sich zum Beispiel unterscheiden im Alter oder in sozio-ökonomischen Faktoren – in der Ausprägung der Immunität[53],[54],[55]. Es gibt relevante Unterschiede zwischen der Schweiz und den umliegenden Ländern im Bezug auf die Immunität in der Bevölkerung. Diese Unterschiede basieren auf Differenzen in der Zahl, Art und Zeitpunkte der verabreichten Impfdosen und darauf, dass sich Länder darin unterscheiden, welche Altersklassen wann und in welchem Ausmass von Infektionen betroffen waren. Das bedeutet, dass Daten aus anderen Ländern nicht direkt auf die Situation in der Schweiz übertragbar sind. Während der pandemischen Wellen durch die Delta- und Omikron-Varianten hat sich gezeigt, dass das Ausmass der Immunität in der Bevölkerung einen entscheidenden Einfluss auf die Belastung des Gesundheitssystems hat.
Während der bisherigen Pandemie hat corona-immunitas Daten zur allgemeinen Seroprävalenz bereitgestellt[56], wobei bisher keine Analytik verwendet wurde, welche Rückschlüsse auf variantenspezifische Neutralisation oder T-Zell-Immunität erlauben würde. Das schweizweite Programm ist Ende 2021 ausgelaufen https://www.corona-immunitas.ch/.
Ziele
Ein immunologisches Überwachungsprogramm über die nächsten 12 Monate würde es erlauben, relevanten Lücken zu identifizieren und eine zeitliche Abnahme des immunologischen Schutzes in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu bestimmen. Hier ist wichtig, dass diese Daten sehr zeitnah zur Verfügung stehen und dass varianten-spezifische Immunität gemessen wird. Diese Daten erlauben, zukünftige Impfstrategien zu entwickeln und die erwartete Spitalbelastung abzuschätzen[57].
Handlungsoptionen
Wir schlagen vor, die vorhandene Antikörper- und T-Zell vermittelte Immunität in repräsentativen Stichproben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen detailliert und wiederholt zu messen. Damit kann bei Auftauchen einer neuen Variante rasch und gezielt reagiert werden. Die Omikron-Welle hat gezeigt, dass diagnostische Antikörper-Messungen keine verlässliche Aussage über den vorhandenen immunologischen Schutz ermöglichen. Hingegen konnte durch Analyse der Varianten-spezifischen Neutralisation und der T-Zell Immunität sehr früh nach Auftauchen der Omikron Variante das Ausmass ihrer Immunevasion abgeschätzt werden[58]. Wenn solche detaillierten immunologischen Daten für Stichproben der Schweizer Bevölkerung vorhanden sind, können sie mit internationalen Daten zu neuen Varianten abgeglichen werden, was eine Abschätzung der Krankheitslast sowie eine differenzierte und rasche Anpassung einer Impfempfehlung ermöglicht.
Weiter kann damit ein Abfall des immunologischen Schutzes in der Bevölkerung frühzeitig erkannt werden. Es hat sich gezeigt dass der immunologische Schutz mit der Zeit abnimmt[59]. Die Kinetik dieses Abfalls[60] kann je nach Alter, Ausgangsimmunität und Anzahl/Art der bisherigen SARS-CoV-2 Expositionen unterschiedlich sein. Wiederholte immunologische Analysen von Stichproben der Bevölkerung ermöglichen es, diesen Abfall zu messen und so den Zeitpunkt für Auffrischimpfungen mit wissenschaftlichen Grundlagen zu untermauern.
Wir schlagen weiter vor, eine immunologische Datenbank der Schweizer Bevölkerung zu erstellen, in der alle verabreichten Impfdosen und alle bisher und zukünftig durchgeführten SARS-CoV-2 spezifischen Laboranalysen zusammenfliessen (PCR-Tests, Antigentests, Antikörper-Messungen). Die Anzahl, die Zeitpunkte und die Art der SARS-CoV-2 Exposition (Impfung oder Infektion; welche Variante) sind entscheidende Informationen, um die Stärke und die Dauer des immunologischen Schutzes gegen verschiedene Virusvarianten in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu antizipieren.
4. Impfungen
Situation
Momentan, Mitte Februar 2022, sind rund 70% der Menschen in der Schweiz mindestens einmal und rund 40% dreimal geimpft. Drei Impfdosen bieten bei allen bislang bekannten Varianten von SARS-CoV-2 einen hohen Schutz vor schweren Verläufen. Die bislang verfügbaren Impfstoffe schützen aber nur wenig vor einer symptomatischen Ansteckung mit der SARS-CoV-2 Variante Omikron[61].
Ziele
Ziel der Impfung ist es, schwere Krankheiten zu verhindern. Durch hohe Immunität in der Bevölkerung können die negativen Auswirkungen des Virus auf die Menschen gering gehalten werden, ohne dass Massnahmen notwendig sind, welche die Gesellschaft einschränken. Insbesondere werden regelmässige Auffrischimpfungen die Immunität in allen Menschen aufrechterhalten können, welche ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Momentan unklar ist, ob zu einem gewissen Zeitpunkt (wie zum Beispiel nach viermaliger Exposition gegen Teile von SARS-CoV-2, beispielsweise durch drei Impfungen und eine Ansteckung) das Risiko eines LongCovid Verlaufs so gering ist und gleichzeitig die Infektionen so mild sind, dass Reinfektionen in der breiten Bevölkerung kaum negative Auswirkungen haben. Dies ist der Fall bei vier anderen Coronaviren, welche in Menschen zirkulieren[62].
Handlungsoptionen
Daten aus der immunologischen Überwachung (vorheriger Abschnitt) und einer immunologischen Datenbank würden erlauben, die Impfstrategie auf die Schweiz gezielter auszurichten. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Verfügbarkeit, Zulassung und Empfehlung von angepassten Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 rechtzeitig vor möglichen zukünftigen epidemischen Wellen gewährleistet ist. Momentan kann nicht antizipiert werden, wie vielen Menschen eine Auffrischungsimpfung empfohlen werden wird. Deshalb bietet es sich an, Impfinfrastruktur inklusive Personal für Impfungen von Risikopersonen im Herbst 2022 durch die Kantone wie auch eine sehr rasche Ausbaufähigkeit der Impfinfrastruktur inklusive Personal für eine allfällige Impfkampagne der Gesamtbevölkerung sicherzustellen (beispielsweise durch die Möglichkeit eines Einsatzes von Zivilschutz oder Armee). Weiter braucht es Klärung der Strategie, wie eine hohe Impfquote erzielt werden soll (z.B. Art der Kommunikation, direkte Kontaktaufnahme, Anreize für Impfung). Durch ein kombiniertes Impfprogramm für SARS-CoV-2 und Influenza könnte die Durchimpfung möglicherweise für beide Krankheitserreger erhöht werden, was epidemische Wellen beider Viren im Winter reduzieren würde.
Eine wichtige Diskussion für die kommenden Monate betrifft die Frage nach einem möglichen Impfobligatorium. Diese Diskussion dient als Vorbereitung für einen möglichen Rückfall in eine Phase mit tiefer Immunität gegen schwere Verläufe in der Bevölkerung (Szenario B aus Abschnitt 1). Falls in dieser Phase sich abzeichnen würde, dass eine starke epidemische Welle zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen könnte, und sich klar abzeichnen würde, dass ein Impfobligatorium für bestimmte Gruppen eine solche Überlastung verhindern könnte, muss die Frage nach einem Impfobligatorium geklärt sein. Dies ist eine gesellschaftliche, rechtliche und ethische Frage, die einen breiten Diskurs sowie – im Falle eines allgemeinen Impfobligatorium – eine mögliche Revision des Epidemiengesetzes erfordert.
Weltweit haben 62 % der Menschen eine Impfung erhalten[63]. Es ist von grösstem globalen Interesse, dass weltweit eine Grundimmunität gegen SARS-CoV-2 in der Bevölkerung besteht. Zum Einen aus humanitären Gründen, zum Anderen, um das Risiko des Entstehens von besorgniserregenden Varianten zu reduzieren. Hier kann die Schweiz eine führende Rolle in der Bereitstellung und Verteilung von Impfstoffen spielen.
5. Gesundheitsversorgung
5.1 Akuter Krankheitsverlauf
Situation
Auf den Normal- und Intensivstationen der Schweizer Spitäler gibt es aktuell, Mitte Februar 2022, weiterhin durch COVID-19 eine zusätzliche Belastung, aber die Situation ist stabil.
Momentan sind von den 22’000-23’000 Betten auf der Normalstation 18’000-19’000 belegt; rund 10% dieser Patient:innen sind mit COVID infiziert. Gut die Hälfte der COVID Patient:innen ist wegen COVID Symptomen hospitalisiert, die andere Hälfte mit COVID Symptomen. COVID Patient:innen erfordern im Schnitt aufgrund von Isolationsmassnahmen einen höheren Aufwand als nicht-COVID Patient:innen. Der Spitalpflegereport Schweiz[64] welcher Rückmeldungen von 4000 Pflegefachpersonen im Jahr 2021 analysiert, rapportiert einen gestiegenen Arbeitsaufwand, emotionale Erschöpfung, und Zeitdruck unter den Pflegefachpersonen, während die Arbeitszufriedenheit sank. Eine Langzeitstudie der ZHAW stellt fest: «Sechs Jahre nach dem Berufseinstieg können sich neun von zehn diplomierten Pflegenden vorstellen, auch die nächsten zehn Jahre in der Pflege zu arbeiten. Dafür setzt die Mehrheit von ihnen jedoch bessere Arbeitsbedingungen voraus»[65].
Auf den Intensivstationen ist Personal für die zertifizierten Betten verfügbar und es werden über 95% der 873 zertifizierten Betten betrieben. Die Zusammenarbeit mit dem koordinierten Sanitätsdienst (KSD) im Rahmen des Konzeptes der «Nationalen Koordination bei massivem Zustrom von Patient:innen in IS vom 16.06.2020» und deren letzte Präzisierung vom 14.12.2021 haben sich aus Sicht der Intensivpflegestationen bewährt (die Einschätzungen in diesem Abschnitt sind von Hans Pargger, Universitätsspital Basel, und beruhen auch auf Rückmeldungen von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Schweizer Spitälern). Die Datengrundlage für das Konzept bildet das IES (Informations- und Einsatzsystem des KSD). Es ist geplant, die gesamte Organisation im Rahmen dieser nationalen Koordination auszusetzen, wenn die Zahl der COVID-19-Patient:innen auf den Intensivpflegestationen, verglichen mit dem aktuellen Stand, Mitte Februar 2022, noch weiter sinkt. Gemäss mündlichen Rückmeldungen aus der gesamten Schweiz ist die Einsatzbereitschaft und Motivation der meisten Mitarbeiter:innen auf den Intensivstationen gut und am Steigen. Die Personalausfälle sind weniger dramatisch als in anderen Bereichen, potenziell als Folge der hohen Durchimpfung des Intensivpersonals.
Die meisten pädiatrischen Fälle sind asymptomatisch, leicht oder mittelschwer. Man schätzt, dass etwa 0,01-0,1 % der infizierten Kinder eine Krankenhauseinweisung benötigen[66]. Die meisten dieser Einweisungen sind kurz und erfordern keine Einweisung auf die Intensivstation. Bei Omikron scheint das Risiko einer Einweisung sogar noch geringer zu sein[67], und die erhöhten Einweisungsraten bei Kindern während der Omikron-Welle spiegeln die hohe Zirkulation des Virus bei Kindern wider. Im Gegensatz zu Erwachsenen gibt es keine klar definierten pädiatrischen Komorbiditäten, die mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer schweren COVID-19-Infektion einhergehen.
Kinder wurden von klinischen Arzneimittelstudien ausgeschlossen. Daher erfolgt die Behandlung von pädiatrischem COVID-19 hauptsächlich unterstützend. In Situationen, in denen eine gezielte Behandlung in Betracht gezogen werden könnte (schwere pädiatrische COVID-19, leichte COVID-19 bei Kindern mit Komorbiditäten, die die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung bei Erwachsenen erhöhen), basiert die Entscheidung auf indirekten Erkenntnissen, die aus Studien mit Erwachsenen stammen.
Aufgrund der zunehmenden Immunität der Bevölkerung und der verbesserten Patientenversorgung ist die Zahl der Todesfälle bei Covid-19-Patient:innen relativ zu der Zahl der bestätigten Fälle heute, Anfang 2022, wesentlich geringer als bei früheren Pandemiewellen. Dennoch spielt die Palliativmedizin nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Versorgung schwerstkranker Patient:innen am Lebensende und bei der Förderung einer offenen und frühzeitigen Vorausplanung der Versorgung. Diese Bemühungen haben dafür gesorgt, dass die Versorgung der Patient:innen ihren Wünschen, Zielen und Präferenzen entspricht, und sie haben Pflegeteams unterstützt, die mit dem Umgang mit solchen Patient:innen nicht vertraut sind.
In Pflegeeinrichtungen ist dank der Impfung die Sterberate an COVID-19 stark gesunken. Die Langzeitpflege von äusserst vulnerablen Personen ist mit grossen Herausforderungen verbunden. Ein Grund dafür ist, dass ein Teil dieser Menschen die Präventionsmassnahmen nicht versteht oder nicht umsetzen kann (z. B. Personen mit Demenz).
Daten, die während der zweiten Pandemiewelle im Jahr 2020 erhoben wurden, deuten darauf hin, dass eine informelle Triage stattfand. Während im September 2020 rund 20% der hospitalisierten Patient:innen Intensivpflege erfahren haben, waren es zwei Monate später nur noch rund 10% [68]. Die Analyse der Sterblichkeit in dieser Periode legt nahe, dass diese Änderung nicht durch Verbesserungen in der medikamentösen Behandlung erklärt wird[69]. Das deutet darauf hin, dass diese Reduktion in der Überführung in Intensivpflege auf zwei sich nicht gegenseitig ausschliessende Faktoren zurückzuführen ist: dass wegen der damals sehr starken Belastung der Instensivpflegestationen Behandlungsentscheidungen implizit angepasst werden mussten, oder dass in der damaligen Situation eine grosse Zahl von Patient:innen sich selber entschieden hat, nicht in die Intensivpflege überführt zu werden (diese Präferenz müsste sich also zwischen September und November 2020 stark geändert haben). In Fällen, in denen solche Entscheidungen von den Patient:innen selber getroffen wurden, ist es von grundlegender Bedeutung, dass sie tatsächlich auf informierten und autonomen Entscheidungen beruhen.
Die Verfügbarkeit von Medikamenten, die auf COVID-19 in der viralen Anfangsphase oder in der späteren Entzündungsphase abzielen, hat sich seit März 2020 enorm verbessert. Die Behandlung von Patient:innen mit mittelschwerer oder schwerer COVID-19 hat sich verbessert, nachdem die RECOVERY-Studien die Wirksamkeit von Dexamethason bei der Senkung der Sterblichkeit im Krankenhaus bestätigt hatten[70]. Später haben weitere entzündungshemmende Medikamente wie Tocilizumab und Baricitinib ihre Wirksamkeit im Spätstadium der Erkrankung gezeigt. Die ambulante Behandlung von Covid-19 im Frühstadium profitierte von spezifischen antiviralen Medikamenten wie monoklonalen Antikörpern gegen das Spike-Protein oder direkt oral verabreichten Medikamenten wie Molnupiravir und Nirmatrelvir/Rironavir[71],[72],[73]. Der Einsatz dieser Medikamente hat das Risiko von Covid-19-assoziierten Komplikationen in Hochrisikogruppen, insbesondere bei immungeschwächten Patient:innen, verringert[74],[75].
Ziele
Spitäler brauchen Ressourcen, um sich darauf vorzubereiten, auch in der den kommenden Jahren eine qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Handlungsoptionen
Spitäler könnten in Zukunft im Winter durch Wellen von Influenza und SARS-CoV-2 deutlich stärker belastet werden als in der prä-pandemischen Phase. Generell empfiehlt es sich, kurzfristig Anstrengungen zu unternehmen, um vorhandenes Personal zu entlasten und zu halten und den Wiedereinstieg in Gesundheitsberufe attraktiv zu gestalten. Mittel- und langfristig muss die Aus- und Weiterbildungskapazität in allen Berufsgruppen den inländischen Bedarf decken können. Die Umsetzung der Pflegeinitiative[76] sollte dies unterstützen.
Bei den folgenden spezifischen Handlungsoptionen unterscheiden wir zwischen den verschiedenen Bereichen der Akutmedizin.
Intensivstationen
Bei erneuten pandemischen oder starken saisonalen Wellen wird eine Reaktivierung der oben beschriebenen nationalen Koordination nötig werden, so wie es im Frühjahr und Herbst 2021 geschehen ist. Das Monitoring könnte zum Beispiel durch eine einmal wöchentliche Meldung ins IES durch alle Spitäler sichergestellt werden. Bei steigenden Patientenzahlen könnte die Wiedereinführung der Organisation schrittweise erfolgen. Als Überwachungsorgan eignet sich der Lenkungsausschuss der Delegation für die Nationale Koordination[77]. Ein möglicher Grenzwert ist das Überschreiten von 150 COVID-19-Patient:innen auf den Schweizer Intensivpflegestationen[78]. Der KSD sollte sich bereithalten, die nötigen Ressourcen innerhalb von Tagen wieder zur Verfügung zu stellen.
Advance Care Planning (ACP)
ACP sollte angesichts des erhöhten Risikos für viele Menschen (sowohl durch COVID-19 als auch durch andere Krankheiten) breit thematisiert werden[79]. Hochqualifiziert durchgeführte ACP verbessert die Qualität der Pflege, einschliesslich der Pflege am Lebensende, reduziert unerwünschte Krankenhausaufenthalte und unerwünschte Behandlungen am Lebensende, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen in der von ihnen bevorzugten Umgebung sterben, und lässt nahe Angehörige durch den Tod eines geliebten Menschen weniger traumatisiert zurück[80],[81],[82],[83],[84]. Bei der Durchsetzung von ACP ist es wichtig, Fehler zu vermeiden, z. B. das Ausfüllen von Patientenverfügungen oder die Verwendung von webbasierten Notfallplänen ohne fachkundige Diskussionen[85]. Es muss ein Gleichgewicht zwischen „Best Practice ACP“ und leicht und breit zugänglicher ACP gefunden werden, z.B. durch ACP-spezifische Webinare, Online-Ressourcen und Online-Sprechstunden. Auch sollte die Bevölkerung über das Ziel der ACP informiert und die allgemeine Gesundheitskompetenz zu diesem Thema verbessert werden.
Triage
Aufgrund der grossen gesellschaftlichen, rechtlichen und ethischen Bedeutung der Triage ist es zentral diesen Aspekt sorgfältig und zeitnah aufzuarbeiten. Damit kann besser verstanden und quantifiziert werden was die „Gefährung der Gesundheitsversorgung“ konkret bedeutet hat. Dies kann als Basis dienen das Risiko solcher Gefährdungen in Zukunft zu reduzieren.
Medikamente
Es sollte sichergestellt werden, dass jederzeit Medikamente in ausreichendem Umfang verfügbar sind. Weiter besteht ein Risiko, dass bestimmte Medikamente bei neuen Varianten weniger wirksam sind (wie z.B. Casirivimab/Imdevimab bei Omikron[86]). Hier ist zentral, klinische Forschung in der Schweiz zu fördern, da dies den früheren Zugang zu neuen Therapieoptionen eröffnet. Ausserdem kann durch weitere Forschung die Palette der wirksamen Medikamente erweitert werden.
5.2 Langzeitfolgen nach COVID Infektion
Situation
Es ist davon auszugehen, dass unabhängig vom Erkrankungsgrad (mild, moderat, schwer) bis zu 20% der an COVID-19 erkrankten Personen länger andauernde gesundheitliche Beschwerden haben (ein sogenanntes Long Covid Syndrom[87]). Das Risiko eines Long Covid Syndroms von dreifach geimpften Menschen, die sich mit Omikron anstecken ist momentan, Mitte Februar 2022, unklar. Aufgrund der heterogenen Ausprägungen von Long Covid hat sich national sowie international ein multidisziplinärer Ansatz zur Diagnostik und Behandlung von Long Covid bewährt[88],[89]. Long Covid kann bei den Betroffenen zu einer erheblichen sozioökonomischen und psychischen Belastung führen[90],[91]. Das derzeitige Fehlen einer allgemein anerkannten Definition von Long Covid dürfte die Hindernisse für die Betroffenen vergrößern, auch was den Anspruch auf eine Invaliditätsversicherung betrifft. Die langfristigen individuellen gesundheitlichen Folgen und gesellschaftlichen Folgen, auch z.B. für die Invalidenversicherung, sind noch nicht gänzlich absehbar[92].
Ziele
Oberstes Ziel ist es, durch Prävention oder Behandlung die Häufigkeit, das Auftreten bzw. die Schwere von Long Covid zu verringern, Betroffene wirksam zu behandeln und erwerbsunfähige Betroffene finanziell abzusichern.
Handlungsoptionen
Der oben erwähnte multidisziplinäre Ansatz braucht viele Ressourcen und ist nicht ausreichend verfügbar. Darüber hinaus besteht ein Bedarf, die Diagnose und Behandlung von Long Covid zu verbessern. Insbesondere ist weiterführende Forschung in der Diagnostik und Behandlung von Long Covid notwendig, was durch eine Kohortenstudie umfassend realisierbar wäre. Die mögliche Belastung der Invaliditätsversicherung durch Long Covid sollte eingeplant werden.
5.3 Psychische Gesundheit
Situation
Internationale Metaanalysen zeigen, dass insbesondere Angststörungen und Depressionen im Verlauf der Pandemie häufiger geworden sind[93],[94],[95]. Psychiatrische Symptome haben vor allem bei Menschen mit vorbestehenden psychischen Störungen, wirtschaftlich belasteten Gruppen, Kindern und Jugendlichen, Eltern mit kleinen Kindern und beim Gesundheitspersonal zugenommen[96],[97]. Am Beispiel der Depressionen, die mit einem standardisierten Messinstrument in einer grossen, aber nicht repräsentativen Stichprobe im Rahmen der Schweizer Corona Stress Studie erfasst wurden, zeigt Abb. 2 die Altersabhängigkeit und die Zunahme der Symptome in der Schweiz im Verlauf der Pandemie[98].
Abb. 2. Änderung des Anteils der Personen mit schweren depressiven Symptomen in der Schweiz zwischen Februar 2020 und November 2021 in Abhängigkeit des Alters[99].
Der Unterschied in der psychiatrischen Erkrankungsrate zwischen Kindern und Jugendlichen einerseits und Erwachsenen andererseits spiegelt sich auch in der Inanspruchnahme von Therapien wider. Eine Umfrage der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie bei 852 Psychiater:innen für erwachsene Patient:innen im Februar 2021 zeigte, dass bei der Mehrheit der Antwortenden im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 weder die Zahl der neuen Patient:innen noch die Zahl der durchgeführten Behandlungen oder die Wartezeit zugenommen hat. Die teilnehmenden Psychiater:innen beschrieben jedoch einen erhöhten Behandlungsbedarf bei ihren aktuellen Patient:innen sowie bei Patient:innen, die bereits früher behandelt worden waren[100]. Eine im April und Mai 2021 durchgeführte Umfrage unter 454 psychologischen und psychiatrischen Kinder- und Jugendtherapeut:innen ergab, dass 78 % die Verfügbarkeit von Behandlungen als eindeutig unzureichend beurteilten (im Vergleich zu 38 % vor der Pandemie). Zwei Drittel berichteten über Wartezeiten von mehr als drei Monaten für Nicht-Notfallbehandlungen[101]. Im Kinder- und Jugendnotfallzentrum der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich nahmen die ambulanten Abklärungen im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um 40 % zu, und die stationären Einweisungen von Minderjährigen in die Erwachsenenpsychiatrie haben sich mehr als verdoppelt[102].
Ziele
Wichtig ist der Zugang zu qualitativ hochwertiger und quantitativ ausreichender psychologischer und psychiatrischer Behandlung für alle Menschen, die diese benötigen. Hier ist sicherzustellen, dass es keine langen Wartezeiten gibt und die Kinder und Jugendlichen von Personen behandelt werden, welche auf diese Altersgruppen spezialisiert sind.
Handlungsoptionen
Die Belastung für die psychische Gesundheit wird mit dem Übergang der Pandemie in eine Phase mit hoher Immunität gegen schwere Verläufe in der Bevölkerung (Szenario A) nicht zu Ende sein. Im Gegensatz zur somatischen Covid-19 Erkrankung und deren Inanspruchnahme der medizinischen Behandlung und Infrastruktur steht die Psychopathologie in keinem direkten Zusammenhang mit der Verbreitung des Virus und dem Impfstatus der Bevölkerung. Derzeit und in Erwartung der kommenden Monate ist die hohe Zahl psychiatrischer Erkrankungen – vor allem Depressionen, Suizidalität und Essstörungen, insbesondere bei weiblichen Jugendlichen – eine der Hauptherausforderungen der klinischen Psychiatrie; die Pandemie hat diese bereits vorbestehenden Probleme verstärkt[103],[104],[105].
Das momentane Angebot an psychologischer und psychiatrischer Unterstützung für Kinder und Jugendliche ist nicht ausreichend und sollte entsprechend ausgebaut werden.
Parallel empfehlen sich präventive Unterstützungsangebote in Schulen und Jugendzentren sowie für gefährdete Personen (Menschen mit vorbestehenden psychischen Störungen, wirtschaftlich belastete Gruppen[106],[107], Eltern mit kleinen Kindern, Menschen mit schwerem Covid-Verlauf oder LongCovid, Gesundheitspersonal). Wichtig ist auch, dass die Erforschung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit finanziert, gefördert und unterstützt wird, um deren Erkenntnisse in Prävention und Behandlung zum Wohle der Patient:innen einfliessen zu lassen.
6. Gesellschaft
Situation
Menschen mit tieferem sozio-ökonomischem Status sind stärker von den Auswirkungen der Pandemie betroffen als Menschen mit hohem sozio-ökonomischem Status. Diejenigen, die am unteren Ende des sozialen Spektrums angesiedelt sind, haben stärkere wirtschaftliche Auswirkungen [108], mehr Arbeitsplatzunsicherheit[109],[110] und weniger emotionale und praktische Unterstützung erfahren[111]. Weiter wurden sie in ihrer psychischen und selbstberichteten Gesundheit sowie beim Zugang zur Gesundheitsversorgung stärker beeinträchtigt[112],[113]. In der höchsten Kategorie des Schweizer SEP (socioeconomic position) war die Wahrscheinlichkeit zu sterben um 34 % geringer als in der niedrigsten Kategorie, wobei der Unterschied ab einem Alter von 80 Jahren verschwand[114]. Über einige besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen (Sans papiers, Obdachlose usw.) liegen nur wenig Informationen vor, doch deuten Erhebungen aus der Schweiz darauf hin, dass sie von der Pandemie und den damit verbundenen Massnahmen stark betroffen sind und waren, ohne Zugang zu und Anspruch auf Entschädigungsregelungen zu haben[115]. Diese dokumentierte Ungleichheit in den erfahrenen Auswirkungen bestätigt die Prognosen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe[116].
Ungleichheiten beim Zugang zu Finanz- und Gesundheitsressourcen wirken sich auf das Krankheitsrisiko und die Fähigkeit aus, Empfehlungen zur Infektionsprävention anzunehmen und beeinträchtigen das Vertrauen in Institutionen[117], Faktoren, die auch in Zukunft für eine wirksame Pandemie bekämpfung erforderlich sein werden[118]. Während die Botschaft „Wir sitzen alle im selben Boot“ besonders wirksam ist, um Gesellschaften gegen eine Pandemie zu mobilisieren[119], untergraben ungleiche Auswirkungen der Pandemie und ungleicher Zugang zu Ressourcen diese Botschaften und letztlich die Wirksamkeit der Pandemiebekämpfung.
Die geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt und im Haushalt haben zu einem stärkeren Rückgang der professionelle Beschäftigung [120], und vermehrter häuslicher Tätigkeit bei Frauen -insbesondere Müttern- als bei Männern in 2020 geführt [121],[122]. Obwohl die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Auswirkungen der Pandemie auf die Beschäftigung in ganz Europa bescheiden blieben und sich in der Schweiz bis 2021 zu schließen schienen[123], kann dies das berufliche Fortkommen von Frauen, insbesondere von berufstätigen Müttern schulpflichtiger Kinder, längerfristig beeinträchtigen. Wenn auch in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken für das Jahr 2020 in der Schweiz kein Anstieg der häuslichen Gewalt verzeichnet wird, zeigen internationale Daten ein deutliches Risiko einer Zunahme der geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen und gegen LGBTQ+-Personen während der Pandemie [124],[125],[126].
Wirken sich staatliche Massnahmen, die sich an alle gleichermassen richten, besonders nachteilig auf Personen mit bestimmten sensiblen Merkmalen aus (Alter, Geschlecht, Herkunft, soziale Stellung) so liegt eine indirekte Diskriminierung vor. Weil Verfassungs- und Völkerrecht sowohl direkte als auch indirekte Diskriminierungen verbieten, ist es unerlässlich, die Auswirkungen staatlicher Massnahmen (wie auch das Aufheben dieser Massnahmen) zu beobachten und allfällige Benachteiligungen auszugleichen.
Ziele
Ziel ist es, Ungleichheiten als Folge der Pandemie zu identifizieren und abzuschwächen.
Handlungsoptionen
Es bietet sich an, eine Datenerhebung zu der Auswirkungen der Pandemie auf verschiedene Gruppen in der Gesellschaft durchzuführen. Bei der Analyse der COVID-19-Folgen in der Schweiz wird der sozialen Schichtung nach Geschlecht, Bildung, Einkommen und beruflicher Stellung derzeit wenig Beachtung geschenkt, insbesondere was die epidemiologischen und medizinischen Daten betrifft. Darüber hinaus gibt es so gut wie keine Daten zu Gruppen mit Migrationshintergrund, obwohl sich dies in anderen Ländern als wichtiger Faktor für die gesundheitliche und sozioökonomische Anfälligkeit erwiesen hat. Da staatliche Behörden nicht aufgrund von Herkunft, Rasse, Geschlecht, Alter, Sprache, sozialer Stellung, Überzeugung oder Behinderung diskriminieren dürfen – auch nicht indirekt (durch Gleichbehandlung; Art. 8 der Schweizer Verfassung), sind getrennte Daten für Gruppen mit solchen Merkmalen erforderlich (siehe auch nächsten Absatz).
Das Diskriminierungsverbot verpflichtet staatliche Akteure, aktiv ausgleichende Massnahmen zu ergreifen, die auf Chancengleichheit abzielen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei einerseits auf jene Personengruppen zu legen, die bereits vor der Pandemie als vulnerabel galten (z.B. Kinder, Personen mit Behinderungen, Armutsbetroffene), andererseits auf jene, die erst durch die Pandemie vulnerabel geworden sind. Dabei ist es zentral, auch die Gefahr von Mehrfachdiskriminierungen angemessen zu berücksichtigen (die z.B. Kinder mit Behinderungen, Frauen in prekärer wirtschaftlicher Situationen, gesundheitlich vorbelastete Personen mit irregulärem Aufenthalt in der Schweiz betreffen kann).
Weiter schlagen wir vor, Daten zu häuslicher Gewalt, Gewalt in Paarbeziehungen und Femizid zu erheben und damit Unterstützungs- und Sicherheitspläne weiterzuentwickeln.
7. Wirtschaft
Situation
Der Schweizer Wirtschaft geht es insgesamt gut. Weite Teile der Wirtschaft haben gelernt, sich an die aktuelle Situation anzupassen. Die Auftragsbücher sind im Allgemeinen gut gefüllt und die Aussichten sind vielversprechend[127]. Allerdings gibt es derzeit noch Ausnahmen. Dabei handelt es sich meist um Unternehmen, bei denen die persönliche und räumliche Nähe zu ihren Kundinnen und Kunden im Vordergrund steht. Das sind oft Unternehmen im Gastgewerbe, in der Veranstaltungsbranche und in der Personenbeförderung[128]. Eine zunehmende Normalisierung der persönlichen Kontakte wird auch die Erholung dieser Unternehmen und Branchen unterstützen.
Ziele
Die Wirtschaftspolitik sollte sich auf den Fall vorbereiten, dass sich die Situation so weit verschlechtert, dass es notwendig ist, wieder Massnahmen einzuführen, die das Funktionieren (von Teilen) der Wirtschaft einschränken.
Handlungsoptionen
Wenn sich die Situation deutlich verschlechtert, kann Unterstützung zur Überbrückung und Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit wieder eine wichtige Rolle spielen. Solange davon ausgegangen wird, dass Situationen mit für die Wirtschaft einschränkenden Massnahmen vorübergehender Natur sind, keinen Strukturwandel erfordern und nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich die Unternehmen selbst angemessen darauf hätten vorbereiten können (womit wir das Moral-Hazard-Problem einigermassen ausschliessen können[129]), kann die Prämisse bestehen bleiben, dass die Unterstützung zur Überbrückung und Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit wichtig ist, weil sie unnötige soziale und wirtschaftliche Verwerfungen verhindert und den anschliessenden Aufschwung beschleunigt, indem sie (Re-)Allokationsprobleme verringert.
Das Kurzarbeitsprogramm zusammen mit der Erwerbsersatzverordnung haben sich als nahezu ideale Instrumente für diesen Zweck erwiesen. Sie ermöglichen nicht nur den Erhalt von Strukturen, sondern auch die Sicherung des Einkommensniveaus der Bevölkerung und verhindern damit einen zusätzlichen Rückgang der Konsumnachfrage. Beide entlasten aber nur die Arbeitskosten der Unternehmen. Die Härtefallregelung ist dazu da, andere Kosten, die bei den Unternehmen anfallen, teilweise aufzufangen. Hier besteht die Gefahr von sogenannten Mitnahmeeffekten, d.h. es könnten auch Unternehmen finanziell unterstützt werden, bei denen dies eigentlich nicht notwendig wäre. Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, wird daher in der Regel geklärt, ob ein Unternehmen tatsächlich förderfähig ist. Dieser Prozess ist jedoch oft zeitaufwändig. Gleichzeitig ist aber auch die Schnelligkeit der Unterstützung entscheidend. Unnötige Unsicherheit gefährdet Unternehmen und destabilisiert die bestehende Situation zusätzlich. Wir haben es hier also mit einem Zielkonflikt zu tun: Geschwindigkeit vs. Einzelfallprüfung. Eine Lösung in solchen Situationen ist die Gewährung von Darlehen anstelle von Subventionen. Wenn nötig, könnten diese Darlehen später in a-fonds-perdu-Beiträge umgewandelt werden. Dies muss aber nicht in der akuten Phase einer Krise entschieden werden.
Um Aspekte wie diese gründlicher zu analysieren, könnte eine Arbeitsgruppe aus Wirtschafts-, Rechts- und Verwaltungsexperten beauftragt werden, einen Bericht darüber zu erstellen, wie die verschiedenen Härtefallmassnahmen bisher funktioniert haben und wie man sich am besten auf künftige Eventualitäten vorbereitet. Dies könnte gegebenenfalls eine dauerhafte Rechtsgrundlage für die Entschädigung von nicht arbeitskostenbezogenen Fixkosten in akuten Krisensituationen schaffen.
8. Bereitstellung von Gütern und Technologie
Situation
Die Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu Beginn des Jahres 2020 hat Lücken im nationalen epidemiologischen Datenerfassungssystem aufgezeigt. Tests zum Nachweisen des Virus, Masken und Beatmungsgeräte waren knapp. Die Schweiz war von ausländischen Lieferanten abhängig. Weiter war in der ersten Hälfte von 2021 der Impfstoff knapp. Ein wichtiger Schritt in der Herstellung des Moderna Impfstoffs wurde von Lonza, einer Firma mit Schweizer Sitz, ausgeführt.
Die Kontaktnachverfolgung wurde in der Pandemie aufgebaut. Die Möglichkeiten der digitalen Kontaktnachverfolgung (proximity tracing; presence tracing) wurden nur eingeschränkt genutzt. Insgesamt war über weite Zeiten die Kontaktnachverfolgung zu langsam, um andere Massnahmen zu ersetzen. In der Omikron-Welle hat die Quarantäne nur noch einen geringen Einfluss auf das Infektionsgeschehen gehabt[130]. Anfang Februar wurde Quarantäne vollständig aufgehoben[131].
Ziele
Im Falle eines Übergangs in eine Phase mit tiefer Immunität in der Bevölkerung gegen schwere Verläufe (Szenario B) oder einer zukünftigen Pandemie sollen die erforderlichen Strukturen und Güter umgehend verfügbar sein.
Handlungsoptionen
Produktion und IT
Die Schweiz ist grundsätzlich gut positioniert, um sich für zukünftige pandemische und epidemische Krisen vorzubereiten. Die Schweiz zählt zu den Ländern mit dem höchsten Wohlstand der Welt, gehört in Forschung und Innovation zu den Spitzenreitern und verfügt über ein äusserst starkes Netz von Unternehmen in den einschlägigen Sektoren, von der IT bis zur Medizintechnik und von der Pharmazie bis zur Biotechnologie. Daher ist es plausibel anzunehmen, dass oben definiertes Ziel erreicht werden kann. Ziel soll nicht sein, ausserhalb von Pandemie-Zeiten unnötige Güter zu produzieren und zu lagern. Wir schlagen vor, eine nationalen Strategie zu diskutieren, bei der der Schweizer Privatsektor mit staatlicher Unterstützung Produktionslinien einrichtet, die leicht aktiviert werden können, um wesentliche pandemiebezogene Bedürfnisse wie Testmaterial, Schutzausrüstung, Medikamente und Impfstoffe zu decken. In einigen Fällen, wie z. B. bei Tests und der Herstellung von Impfstoffen, könnte dies die Einrichtung gezielter öffentlich-privater Partnerschaften rechtfertigen, um die Verbindungen zwischen der Forschung im öffentlichen Sektor und den Produktionslinien der Unternehmen zu fördern, die derzeit in unserem Land weitgehend fehlen.
Weiter würde eine Digitalisierung in Behörden und dem Gesundheitswesen den Datenaustausch in Krisen- und nicht-Krisenzeiten sicherstellen.
Technologie für eine skalierbare und wirksame Kontaktnachverfolgung
Bei der Kontaktnachverfolgung ist insbesondere wegen der pre-symptomatischen Übertragung von SARS-CoV-2 die Geschwindigkeit entscheidend. Die Stellungnahme der Task Force zur Sicherstellung der Wirksamkeit und Skalierbarkeit von TTIQ ab November 2020 bleiben weitgehend gültig[132]. Ein integriertes IT-System, das alle relevanten Daten vom Labor direkt und ohne Zwischenschritte an die Beteiligten (Patient:innen, kantonale Behörden, BAG) weiterleitet, würde die Geschwindigkeit erhöhen. Hier wäre ein überkantonaler Austausch für die Effizienz und eine nationale Bereitstellung der Information, wo sich Menschen anstecken, für weitere Analysen zu Ansteckungsorten wichtig. Eine Fokussierung auf digitale Hilfsmittel (proximity tracing; presence tracing) in der Kontaktnachverfolgung und der Benachrichtigung erlaubt eine Priorisierung der Personalressourcen auf die Identifizierung von Superspreading Events (Backward-Tracing).
9. Rechtlicher Rahmen
Situation
Ein Prozess zur Überarbeitung des Epidemiengesetzes wurde eingeleitet, nachdem das Gesetz zum ersten Mal bei einer Pandemie angewendet wurde.
Ziele
Ziel ist es, basierend auf den Erfahrungen der letzten 2 Jahre, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Pandemiebekämpfung zu überprüfen und die notwendigen Verbesserungen umzusetzen, um die Schweiz – rechtlich und institutionell – bestmöglich auf eine nächste Pandemie oder auf einen Übergang in eine Phase mit tiefer Immunität der Bevölkerung gegen schwere SARS-CoV-2 Verläufe (Szenario B) vorzubereiten.
Handlungsoptionen
Der relevante Rechtsrahmen im Falle einer Pandemie ist breiter als das Epidemiengesetz; dieser Rahmen sollte nach den Erfahrungen der letzten 24 Monate einer Evaluation unterzogen und bei Bedarf verbessert werden. Diese Bewertung sollte sich zunächst auf die institutionelle Seite der Pandemie-Governance beziehen und die Rollen und Zuständigkeiten sowohl zwischen Bundesrat, Parlament, Verwaltung und den verschiedenen Ad-hoc-Krisenstäben und Task Forces als auch zwischen Bund und Kantonen klären. Vor allem in der „Besonderen Lage“, in der Bund und Kantone konkurrierende Kompetenzen haben, sollte die Zusammenarbeit weiter spezifiziert werden, um Kompetenzkonflikte mit negativen Auswirkungen zu vermeiden. Generell sollten Revisionen darauf abzielen, alle Akteure und Prozesse krisenfester zu machen, z.B. indem elektronische Abstimmungen oder Delegationen an parlamentarische Kommissionen gesetzlich vorgesehen werden, oder indem die Beschleunigung von Prozessen (einschliesslich der gerichtlichen Überprüfung) gesetzlich ermöglicht wird.
Die aktuelle Krise hat auch deutlich gemacht, dass die Verwaltung von Gesundheitsdaten neu bewertet und verbessert werden sollte. Zwar ist der Schutz sensibler Gesundheitsdaten von entscheidender Bedeutung, doch sollten Gesundheitsdaten auch schneller und einfacher gesammelt und ausgetauscht werden, um die Pandemiebekämpfung zu verbessern. Das Gleichgewicht zwischen Datenschutz und Datenfluss muss daher neu bewertet und die Erhebung und Nutzung nicht personenbezogener (anonymisierter) Gesundheitsdaten erleichtert werden. Die Bewertung sollte sich schliesslich auch auf die Bewältigung der sozioökonomischen Auswirkungen der Krise beziehen, wobei Klärungen und Verbesserungen z. B. im Bereich der Staatshaftung und der Lohnnebenkosten erforderlich sein könnten.
10 Wissenschaft
Situation
Wissenschaftliche Erkenntnisse wurden in den vergangenen 24 Monaten schnell generiert und international ausgetauscht. In der Schweiz hat der Schweizerische Nationalfonds über ein Nationales Forschungsprogramm Covid-19 (NFP 78)[133] und einer Sonderausschreibung “Sonderausschreibung Coronaviren”[134] sehr rasch Finanzierungsmöglichkeiten für je insgesamt 24 Monate zu SARS-CoV-2 geschaffen. Der Austausch Wissenschaft-Politik-Behörden wurde mit dem Mandat an die Swiss National COVID-19 Science Task Force formalisiert[135].
Ziele
Die Wissenschaft wird weiter wichtige Erkenntnisse zur Prävention, Behandlung und Prävention im Rahmen von SARS-CoV-2 erlangen. Diese Erkenntnisse werden den Entscheidungsträgern zur Verfügung gestellt.
Handlungsoptionen
Ein guter und intensiver Austausch zwischen Wissenschaft-Politik-Behörden ist für den weiteren Verlauf der Pandemie wie auch zukünftige pandemische Herausforderungen zentral. Es ist wichtig, dass zu jedem Zeitpunkt klar ist, wie und auf welchen Wegen die Erkenntnisse und der aktuelle Wissensstand schnell und unkompliziert die Behörden erreicht, resp. auch klar ist, an wen sich politische Akteure wenden können, wenn sie eine Einschätzung aus wissenschaftlicher Sicht brauchen. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass es nicht die Wissenschaft gibt, sondern Wissenschaft auch immer vom Diskurs, unterschiedlichen Analysen lebt. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es, Unsicherheiten, die zur Forschung gehören, gut zu kommunizieren, auch wenn Eindeutigkeit und “verbindliche Aussagen” gefragt sind. Hier gilt es, weiter an einem gemeinsamen Verständnis zu arbeiten, was Wissenschaft leisten kann und was nicht, um so den Nutzen für die Politik, die Behörden und die Gesellschaft noch zu erhöhen.
Wichtig ist, dass dabei die Rollen der verschiedenen Akteure klar sind, und auch von der Öffentlichkeit klar verstanden werden. Die Rolle von wissenschaftlichen Berater:innen ist, Informationen und Analysen zur Verfügung zu stellen, die für politische Entscheidungen relevant sind – und nicht, politische Forderungen zu stellen[136]. Zentral sind auch die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Beratung. Dazu gehört, dass wissenschaftliche Einschätzungen nicht zu einem verfrühten Zeitpunkt durch politische Filter angepasst werden[137]. Klare Rollen und Unabhängigkeit sind Voraussetzungen, dass Politiker:innen, Behörden und die Öffentlichkeit Vertrauen haben in den Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Behörden.
Um den Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Behörden auch für die Zukunft weiter auszubauen, bietet es sich an, verschiedene Möglichkeiten zu evaluieren, wie dieser Austausch in der Zukunft organisiert werden kann. Die Erfahrungen aus der COVID-19 Pandemie bieten dazu eine gute Basis[138]. Solche neue Strukturen können sowohl den Einbezug der Wissenschaft in Krisensituationen organisieren wie auch den Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Behörden zu Themen, bei denen keine akute Krise vorliegt.
11 Kommunikation
Situation
Während der letzten zwei Jahre wurde neben der Pandemie eine Infodemie beobachtet. Eine Infodemie bedeutet „zu viele Informationen, einschliesslich falscher oder irreführender Informationen in digitalen und physischen Umgebungen während eines Ausbruchs eines Krankheitserregers”[139]. Dies führt zu Verwirrung und risikofreudigem Verhalten, das der Gesundheit und der Gesellschaft schaden kann. Sie führt auch zu Misstrauen gegenüber den Gesundheitsbehörden und untergräbt die Massnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens[140].
Ziele
Eine klare Kommunikation aller relevanten Akteure. Die Kommunikation sollte zielgruppengerechter und empfängerorientierter sein, um möglichst viele Menschen zu erreichen.
Handlungsoptionen
Für die weitere Bekämpfung von SARS-CoV-2 und zukünftigen Krisensituationen bleibt klare Kommunikation mit der Bevölkerung zentral. Auf Seiten Wissenschaft empfiehlt es sich den in der Pandemie gestarteten Prozess einer koordinierten Kommunikation[141] fortzuführen und innerhalb einer institutionalisierten Struktur für einen Science-Policy-Dialog zu etablieren. Ziel dabei ist, eine möglichst klare und konsistente Kommunikation von wissenschaftlichen Perspektiven zu erreichen, ohne den für die wissenschaftliche Diskussion essentiellen Diskurs und die Vielfalt der Perspektiven zu verlieren.
Generell schlagen wir vor dass ein Plan für den Umgang mit der Infodemie entwickelt und umgesetzt wird. Dieser Plan ist wichtig für den weiteren Verlauf der Pandemie und Post-Pandemie, kann aber auch für die Bewältigung anderer gesundheitlicher, ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen nützlich sein. Ein solcher Plan sollte darauf abzielen, die Auswirkungen einer Infodemie zu überwachen, ihre Ausbreitung zu erkennen und zu verstehen, Massnahmen zur Abschwächung ihrer schädlichen Auswirkungen zu ergreifen und die Widerstandsfähigkeit von Einzelpersonen und Gemeinschaften gegenüber der Infodemie zu stärken. Aktuelle Studien empfehlen folgende Lösungsansätze als wirksam bei der Bewältigung einer Infodemie:
(1) Der direkte Austausch mit der Bevölkerung und ein offenes Ohr für die Anliegen und Fragen[142]
(2) Die Zusammenarbeit mit Führungspersönlichkeiten und anderen Personen mit hoher Glaubwürdigkeit für diese Zielgruppen, insbesondere für marginalisierte Gemeinschaften, um Zugang zu Botschaften und Informationen schaffen können[143]
(3) Prebunking: das Aufklären über mögliche Probleme im Zusammenhang mit dem Konsum von Fehlinformationen, Verschwörungstheorien, Fake News und ähnlichen Inhalten, gekoppelt mit der Vermittlung von Gegenargumenten[144]
(4) Menschen dabei zu unterstützen, eine eigene Perspektive über die Gesamtsituation zu entwickeln, statt erlernte oder konsumierte Fakten zu verbreiten[145]
Als konkreten Kommunikationspunkt schlagen wir vor, bei Übergang in Szenario A zu kommunizieren, dass es ein Risiko gibt, dass zu gewissen Zeitpunkten wieder strengere Massnahmen zur Kontaktreduktion eingeführt werden müssen. Dieses Risiko steigt, wenn neue Varianten mit besorgniserregenden Eigenschaften auftreten, oder eine starke Abnahme der Immunität in der Bevölkerung erfolgt ist und damit gegebenenfalls Übergang in Szenario B (Phase mit tiefer Immunität der Bevölkerung gegen schwere Verläufe) erfolgt. Wenn dieses Risiko transparent kommuniziert wird, werden keine unrealistischen Erwartungen geweckt.
12. Mögliche Vorgehen, falls es einen Übergang in eine Phase mit tiefer Immunität in der Bevölkerung gegen schwere Verläufe geben wird (Szenario B)
Szenario B tritt ein, wenn grosse Teile der Bevölkerung schlecht geschützt sind gegen schwere Verläufe. Die Vorbereitungen und Vorkehrungen, welche in Abschnitt 2-10 vorgeschlagen wurden, zielen darauf ab, die durch eine solche Situation entstehenden Schäden zu minimieren. Weiter werden dann zusätzliche Vorkehrungen wichtig, um die Auswirkungen von Szenario B auf die Bevölkerung möglichst gering zu halten bis Impfungen – welche gegebenenfalls erst angepasst werden müssen – wieder eine hohe Immunität gegen schwere Verläufe hergestellt haben. Folgende zusätzlichen Vorkehrungen bieten sich in einer solchen Situation an:
- Kollektives Maskentragen ist ein zentrales Element der Infektionsprävention gegen respiratorische Erreger (Abschnitt 2).
- Wiederaufnahme der Kontaktnachverfolgung (TTIQ) (Abschnitt 8); wichtig hier ist:
- Die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, operativen und finanziellen Kosten einer umfassenden TTIQ-Strategie lassen sich nur rechtfertigen, wenn die Gefahr substanzieller gesundheitlicher Schäden für die Gesundheit der Bevölkerung oder eines Zusammenbruchs des Gesundheitssystems besteht, und sollten nur eingesetzt werden, um die Wiedereinführung bevölkerungsweiter Distanzierungsmassnahmen zu vermeiden.
- TTIQ kann sehr effektiv sein[146]; Bei einem prä-symptomatisch übertragbaren Virus wie SARS-Cov2 ist Schnelligkeit von zentraler Bedeutung und erfordert eine maximale Automatisierung zwischen den verschiedenen Systemen. Eine solche Automatisierung kann in der Vorbereitung auf die Wiedereinführung erreicht werden (Abschnitt 8).
- Ausrollen angepasster Impfstrategie (durch Daten aus oben dargelegten Vorkehrungen auf die Schweiz zugeschnitten; insb. Abschnitt 3.4 und 4).
- Mögliche Impfobligatorien (Diskurs in Gesellschaft dazu muss jetzt stattfinden; Abschnitt 4).
- Enge Koordination zwischen Spitälern reaktivieren (Abschnitt 5.1).
- Entscheid, ob Zertifikate eingesetzt werden. Zu diesem Zeitpunkt muss geprüft werden, welche Zertifikat-Definitionen epidemiologisch wirksam sind. Die Definition 3G wird beispielsweise überholt sein, da inzwischen quasi alle Menschen in der Schweiz Geimpft oder Genesen sind.
Quellen:
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[3] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-25-january-2022/
[4] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-25-january-2022/
[5] https://ibz-shiny.ethz.ch/covidDashboard/trends: Aufgrund von Melderverzögerungen werden die letzten 3 respektive 5 Tage für bestätigte Fälle und Hospitalisationen/Todesfälle nicht berücksichtigt.
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