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Die Swiss National COVID-19 Science Task Force wurde am 31. März 2022 aufgelöst.

Sie wurde durch das Wissenschaftliche Beratungsgremium COVID-19 ersetzt, sodass die Kantone und der Bund weiterhin von der wissenschaftlichen Expertise im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie profitieren können.

Diese Website wird daher nicht mehr aktualisiert, ihr Inhalt ist jedoch als Archiv weiterhin zugänglich.

ETH Hönggerberg, Werner, fotografiert am Montag (13.11.2017) Bild: Christoph Kaminski, kellenbergerkaminski

Epidemiologische Lagebeurteilung, 14. März 2022

Allgemeine Situation

Die Zahl der bestätigten Fälle stieg bis Ende Januar 2022 kontinuierlich an und nahm dann bis Kalenderwoche 8 2022 ab. Seit drei Wochen steigen die Fallzahlen wieder. Dieser Trend wird auch in Abwasserproben beobachtet [1],[2]. Die aktuellste Schätzung des R-Wertes, welche das Infektionsgeschehen bis zum 4.3.2022 wiedergibt, ist signifikant über 1. Omikron BA.2 ist inzwischen die dominante Variante.

Der Anstieg der Fallzahlen betrifft am stärksten die Altersgruppen der über 60-Jährigen. Im Einklang mit dieser Entwicklung der Fallzahlen steigen die Hospitalisierungen signifikant an.

Die Ausbreitung von BA.2 sowie die Öffnungsschritten von Kalenderwoche 7 2022 scheinen beide beachtlich zu dem erneuten Anstieg der Infektionen beizutragen.

Dynamik

Gemäss den aktuellsten Schätzungen war der R-Wert seit seinem Höchststand von 1,5 am 25.12.2021 bis auf wenige Tage in der ersten Kalenderwoche 2022 signifikant über 1, ist dann gefallen und war von 21. Januar bis 13. Februar 2022 signifikant unter 1. Seit dem 19. Februar 2022 ist er wieder signifikant über 1.

Der 7-Tageschnitt der schweizweiten Reproduktionszahl ist bei 1,27 (95% Unsicherheitsintervall, UI: 1,17-1,36); dies reflektiert das Infektionsgeschehen vom 26.02. – 04.03.2022[3].

Tagesbasierte Schätzungen der effektiven Reproduktionszahl Re für die Schweiz betragen:

  • 1,24 (95% UI: 1,16-1,33) aufgrund der bestätigten Fälle, per 04.03.2022.
  • 1,13 (95% UI: 1,01-1,26) aufgrund der Hospitalisationen, per 26.02.2022. Wie im epidemiologischen Bericht vom 25. Januar 2022 diskutiert[4], ist diese Schätzung aber verfälscht durch Meldeverzögerungen. Zum Vergleich aufgrund der bestätigten Fälle wird Re für den selben Tag auf 1,3 (95% UI: 1,18-1,42) geschätzt.
  • 0,75 (95% UI: 0,43-1,15) aufgrund der Todesfälle, per 20.02.2022. Zum Vergleich aufgrund der Hospitalisationen wird Re für den selben Tag auf 1,06 (95% UI: 0,94-1,2) geschätzt. Aufgrund der bestätigten Fälle wird Re für den selben Tag auf 1,16 (95% UI: 1,09-1,23) geschätzt.

Wegen Meldeverzögerungen und Fluktuationen in den Daten könnten die Schätzwerte nachkorrigiert werden. Insbesondere waren Spitalmeldungen in den letzten Wochen unvollständig[5]. Wir weisen darauf hin, dass die Re Werte das Infektionsgeschehen nur verzögert widerspiegeln, weil eine gewisse Zeit vergeht zwischen der Infektion und dem Testresultat oder dem etwaigen Tod. Für Re Werte, die auf Fallzahlen basieren, beträgt diese Verzögerung mindestens 10 Tage, für Todesfälle bis zu 23 Tagen.

Parallel bestimmen wir die Änderungsraten der bestätigten Fälle, Hospitalisationen und Todesfälle über die letzten 14 Tage[6]. Die bestätigten Fälle nahmen mit einer Rate von 30% (UI: 45% bis 16%) pro Woche zu. Die gemeldeten Hospitalisierungen stiegen mit einer Rate von 24% (UI: 43% bis 8%) pro Woche, wobei diese Zahl wegen den erwähnten Meldeverzögerungen[7] noch verfälscht sein könnte. Die Todesfälle nahmen mit einer Rate von -21% (UI: 9% bis -43%) pro Woche ab. Diese Werte spiegeln das Infektionsgeschehen vor mehreren Wochen wider.

Die Entwicklung der Fallzahlen, Hospitalisierungen und Todesfällen stratifiziert nach Alter kann auf unserem Dashboard verfolgt werden[8]. Die Zahl der Fälle stieg in allen Altersgruppen über die letzten 14 Tage signifikant ausser bei den 0-9 Jährigen. Der stärkste Anstieg betrifft die über 80-Jährigen mit einer Rate von 67% (95% UI: 44-94%) pro Woche, gefolgt von den 70-79-Jährigen (66%; 95% UI: 42-94% pro Woche) und 60-69-Jährigen (56%; 95% UI: 37-77% pro Woche). Die Zahl der Hospitalisierungen stieg signifikant in den 0-9 Jährigen (82%; 95% UI: 28-162%) und den 60-69 Jährigen (54%; 95% UI: 19-102%).

Absolute Zahlen

Die kumulierte Anzahl der bestätigten Fälle über die letzten 14 Tage liegt bei 3819 pro 100’000 Einwohner:innen. Die Testpositivität liegt bei 50% (Stand 11.03.2022, das ist der letzte Tag für welchen nur noch wenige Nachmeldungen erwartet werden).

Die Anzahl der COVID-19-Patient:innen auf Intensivstationen lag über die letzten 14 Tage im Bereich von 138-151[9] Personen (die Änderung war 4% (UI: 25% bis -13%) pro Woche).

Die Zahl der täglichen laborbestätigten Todesfälle lag über die letzten 14 Tage zwischen 5 und 13[10].

Varianten

Seit Kalenderwoche 9 2022 ist der Omikron-Subtyp BA.2 in der Schweiz dominant. Nachdem BA.1 in Kalenderwoche 3 2022 eine Häufigkeit von über 95% hatte, ist die Häufigkeit gesunken auf 43% in Kalenderwoche 9 2022[11]. Der Omikron-Subtyp BA.2 wurde erstmals in KW 52 2021 in der Schweiz nachgewiesen. Seitdem wurde dieser Subtyp über 2500-mal nachgewiesen und hatte in Kalenderwoche 9 2022 einen Anteil von 57% unter allen sequenzierten Proben[12].

Epidemiologische Ausbreitung von BA.2

BA.2 scheint einen Übertragungsvorteil gegenüber BA.1 zu besitzen: in einem Preprint beschriebenen dänischen Studie wurden Sekundärangriffsraten von BA.1 und BA.2 zu 29% and 39% geschätzt [13]; und in einer neueren Studie aus England (Preprint [14]) wird geschätzt, dass BA.2 die effektive Reproduktionszahl (Re) um 0.40 (95% UI: 0.36–0.43) erhöht.

Für die Schweizer Daten (Fallzahlen[15]; Varianten[16]) berechnen wir für BA.2 eine effektive Reproduktionszahl welche gegenüber BA.1 um rund 35-50% erhöht ist (Mittelwert, Abb. 1A). Die effektive Reproduktionszahl von BA.2 ist nach Lockerung der Massnahmen am 17.02.2022 von rund 1.1 auf rund 1.3 gestiegen (Mittelwert) was einem Anstieg von knapp 20% entspricht. Diese Analyse deutet darauf hin, dass sowohl BA.2 wie auch die Lockerungen mit einhergehenden Verhaltensanpassungen beachtlich zu dem Anstieg der Reproduktionszahl in der Schweiz beigetragen haben.

Abbildung 1. Links: Quotient aus effektiver Reproduktionszahl von BA.2 und BA.1. Rechts: Effektive Reproduktionszahl von BA.1, BA.2 sowie aller zirkulierender Varianten. Die durchgezogene Linie ist jeweils der Median und die schattierten Flächen sind das Unsicherheitsinterval. Für das serielle Intervall wurde eine Gammaverteilung mit (Mittelwert 3.3 Tage; Standardabweichung 2.4 Tage) angenommen und für die Inkubationszeit eine Gammaverteilung mit (Mittelwert 3.2 Tage; Standardabweichung 2.2 Tage)[17].

 

Schwere der BA.2-Erkrankungen, Immunität gegen BA.2 und Behandlungsoptionen bei BA.2-Infektion

Obwohl BA.2 in Hamstern schwerere Verläufe verursacht als BA.1[18], zeigen klinisch-epidemiologische Daten aus Südafrika[19], Grossbritannien und Dänemark keine Anzeichen für einen relevanten Unterschied im Schweregrad der Erkrankungen[20].

Vorläufige Reinfektions-Daten in der Bevölkerung legen nahe, dass eine Infektion mit der Untervariante BA.1 starke Kreuzimmunität gegen eine Infektion mit BA.2 erzeugt[21]. Gemäss der UK Health Security Agency (UKHSA) ist der Schutz der Impfung (nicht nach Impfstoff aufgeschlüsselt) vor symptomatischer Infektion mit BA.2 gleich wie für BA.1[22]. Eine neue Studie aus Katar[23], die nur mRNA Impfstoffe untersucht, fand keinen Unterschied in der Wirksamkeit gegen symptomatische Infektion mit BA.1 und BA.2. Hingegen ist bei BA.2 die Aktivität des monoklonalen Antikörpers Sotrovimab, der in der Schweiz therapeutisch eingesetzt wird, deutlich vermindert[24],[25] und somit sind momentan die antiviralen Behandlungsoptionen in der Schweiz stark eingeschränkt.

Quellen:

[1] https://sensors-eawag.ch/sars/overview.html

[2] https://ibz-shiny.ethz.ch/wastewaterRe/

[3] https://sciencetaskforce.ch/reproduktionszahl/ und https://ibz-shiny.ethz.ch/covid-19-re-international/: Die Schätzungen von Re über die letzten Tage können leichten Schwankungen unterliegen. Diese Schwankungen treten insbesondere in kleinen Regionen, bei sich ändernder Dynamik und bei niederen Fallzahlen auf.

[4] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-25-january-2022/

[5] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-25-january-2022/

[6] https://ibz-shiny.ethz.ch/covidDashboard/trends: Aufgrund von Melderverzögerungen werden die letzten 3 respektive 5 Tage für bestätigte Fälle und Hospitalisationen/Todesfälle nicht berücksichtigt.

[7] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-25-january-2022/

[8] https://ibz-shiny.ethz.ch/covidDashboard/, Dashboard Time Series

[9] https://icumonitoring.ch

[10] https://www.covid19.admin.ch

[11] https://cov-spectrum.ethz.ch/

[12] https://cov-spectrum.ethz.ch/

[13] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.01.28.22270044v1.full.pdf

[14] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.03.10.22272177v1

[15] https://www.covid19.admin.ch/en/overview

[16] https://cov-spectrum.org/explore/Switzerland/AllSamples/Past6M

[17] https://www.eurosurveillance.org/content/10.2807/1560-7917.ES.2022.27.6.2200042

[18] https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2022.02.14.480335v1

[19] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.02.17.22271030v1

[20] https://www.who.int/news/item/22-02-2022-statement-on-omicron-sublineage-ba.2

[21] https://www.who.int/news/item/22-02-2022-statement-on-omicron-sublineage-ba.2

[22] https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/1054071/vaccine-surveillance-report-week-6.pdf

[23] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.03.13.22272308v1

[24] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.02.06.22270533v1

[25] https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2022.02.07.479306v1

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