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Die Swiss National COVID-19 Science Task Force wurde am 31. März 2022 aufgelöst.

Sie wurde durch das Wissenschaftliche Beratungsgremium COVID-19 ersetzt, sodass die Kantone und der Bund weiterhin von der wissenschaftlichen Expertise im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie profitieren können.

Diese Website wird daher nicht mehr aktualisiert, ihr Inhalt ist jedoch als Archiv weiterhin zugänglich.

ETH Hönggerberg, Werner, fotografiert am Montag (13.11.2017) Bild: Christoph Kaminski, kellenbergerkaminski

Epidemiologische Lagebeurteilung, 14. Dezember 2021

Allgemeine Situation

Die SARS-CoV-2-Epidemie wird zurzeit fast ausschliesslich durch die Delta-Variante verursacht, die im Sommer die zuvor zirkulierenden Varianten abgelöst hat. Seit Mitte Oktober 2021 steigen die Fallzahlen signifikant. Seit Ende November 2021 steigt auch die Belegung der Intensivstationen mit COVID-19 Patienten signifikant an, momentan mit einer Rate von 16% (95% UI: 6-28%) pro Woche. Die zweite kritische Schwelle von 300 Intensivbettenbelegungen ist schon fast erreicht. Über dieser Schwelle werden alle Spitäler weniger dringliche Eingriffe verschieben müssen, in manchen Spitälern wird implizite Triage stattfinden und ad-hoc Betten werden bereitgestellt[1]. Seit vorletzter Woche steigen auch die Todesfälle signifikant an, mit einer momentanen Rate von 40% pro Woche (95% UI: 14-71%).   Die beobachtete rasche Zunahme der Fälle in den letzten Wochen, und damit der momentane Anstieg in Intensivbettenbelegungen, wird für das immer noch stark belastete Gesundheitswesen sehr schwierig zu bewältigen sein.

Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde die neue Variante Omikron am 26.11.2021 als besorgniserregend deklariert. Auch in der Schweiz wurde diese Variante schon mehrmals nachgewiesen. Wir rechnen damit, dass diese Variante in den nächsten Wochen dominant wird und Anfang 2022 das Infektionsgeschehen dominiert.

Dynamik

Seit Ende Oktober 2021 ist die Schätzung des R-Wertes wieder signifikant über 1. Diese Woche ist der R-Wert aber etwas niedriger als noch vor zwei Wochen, jedoch immer noch signifikant über 1. Der 7-Tageschnitt der schweizweiten Reproduktionszahl ist bei 1,11 (95% Unsicherheitsintervall, UI: 1,02-1,21); dies reflektiert das Infektionsgeschehen vom 27.11. – 03.12.2021[2].

Tagesbasierte Schätzungen der effektiven Reproduktionszahl Re für die Schweiz betragen:

  • 1,11 (95% UI: 1,02-1,19) aufgrund der bestätigten Fälle, per 03.12.2021.
  • 1 (95% UI: 0,89-1,12) aufgrund der Hospitalisationen, per 27.11.2021. Zum Vergleich aufgrund der bestätigten Fälle wird Re für den selben Tag auf 1,11 (95% UI: 1-1,22) geschätzt.
  • 1,19 (95% UI: 0,95-1,43) aufgrund der Todesfälle, per 21.11.2021. Zum Vergleich aufgrund der Hospitalisationen wird Re für den selben Tag auf 1,05 (95% UI: 0,94-1,17) geschätzt. Aufgrund der bestätigten Fälle wird Re für den selben Tag auf 1,12 (95% UI: 1,02-1,22) geschätzt.

Wegen Meldeverzögerungen und Fluktuationen in den Daten könnten die Schätzwerte nachkorrigiert werden. Insbesondere waren Spitalmeldungen in den letzten Wochen unvollständig und werden die Zahlen werden daher wohl noch nach oben korrigiert werden.  Wir weisen darauf hin, dass die Re Werte das Infektionsgeschehen nur verzögert widerspiegeln, weil eine gewisse Zeit vergeht zwischen der Infektion und dem Testresultat oder dem etwaigen Tod. Für Re Werte, die auf Fallzahlen basieren, beträgt diese Verzögerung mindestens 10 Tage, für Todesfälle bis zu 23 Tagen.

Parallel bestimmen wir die Änderungsraten der bestätigten Fälle, Hospitalisationen und Todesfälle über die letzten 14 Tage[3]. Die bestätigten Fälle stiegen  um 2% (UI: 12% bis -7%) pro Woche, die Hospitalisationen um -4% (UI: 6% bis -12%) und die Todesfälle um 17% (UI: 44% bis -4%).   Diese Werte spiegeln das Infektionsgeschehen vor mehreren Wochen wider.

Die Entwicklung der Fallzahlen, Hospitalisierungen und Todesfällen stratifiziert nach Alter kann auf unserem Dashboard verfolgt werden[4]. Die Zahl der Fälle ist nur in der Altersgruppe der 0-9 Jährigen signifikant steigend. In den 70-79 Jährigen und über 80 Jährigen sinkt sie signifikant. Im Gegensatz zu vorletzter Woche stiegen die Hospitalisierungen nur in der Altersgruppe der 40-49 Jährigen signifikant an. Aber die Anzahl der Hospitalisierungen könnte, wie auch letzte Woche, unterschätzt sein[5].

Absolute Zahlen

Die kumulierte Anzahl der bestätigten Fälle über die letzten 14 Tage liegt bei 1475 pro 100’000 Einwohner:innen. Die Positivität liegt bei 16,1% (Stand 10.12.2021, das ist der letzte Tag für welchen nur noch wenige Nachmeldungen erwartet werden).

Die Anzahl der COVID-19-Patient:innen auf Intensivstationen lag über die letzten 14 Tage im Bereich von 235-293[6] Personen (die Änderung war 17% (UI: 31% bis 5%) pro Woche).

Die Zahl der täglichen laborbestätigten Todesfälle lag über die letzten 14 Tage zwischen 14 und 32[7].

Varianten

Seit Kalenderwoche 26 ist Delta die dominante Variante in der Schweiz. Diese ursprünglich in Indien beschriebene Variante hat von Kalenderwoche 38 bis Kalenderwoche 49 eine Häufigkeit von 100% unter den sequenzierten Fällen. In der aktuellen Kalenderwoche 51 sehen wir jetzt vermehrt auch Sequenzen der Omikron-Variante[8].

Die Impfung wirkt sehr gut gegen schwere Verläufe bei Delta (80% in Älteren, 95% in Jüngeren nach 6 Monaten) und bietet gewissen Schutz gegen Infektion (rund 50% nach 6 Monaten). Eine dritte Impfdosis erhöht den Schutz wieder auf mind. 95%. Weitere Darlegungen finden sich in dem Epi. Update vom 7.12.2021[9].

Omikron

Am 23. November 2021 wurde erstmalig eine neue SARS-CoV-2 Variante in Südafrika und Botswana beschrieben, die sich durch eine starke Häufung von Veränderungen im Stachelprotein („spike protein“) auszeichnet. Am 26. November 2021 stufte die Weltgesundheitsorganisation diese Variante als Besorgnis erregende ein und bezeichnete sie mit dem Namen „Omikron“ [10]. Mittlerweile wurde die Variante in verschiedenen europäischen Ländern, Australien, Kanada, und Hongkong festgestellt [11],[12], meist verknüpft mit Einreise von Ländern aus dem Süden Afrikas. In der Schweiz wurde die Variante 37-mal nachgewiesen[13].

In Grossbritannien [14] und in Dänemark[15] steigt der Anteil an Omikron sehr schnell an (Verdopplung alle 2-4 Tage), was einen Wachstumsvorteil in mehrheitlich geimpften Populationen suggeriert. Daten aus Südafrika erlauben eine vorläufige Schätzung des logistischen Wachstumsrate von Omikron gegenüber Delta von 0,32 (95% UI: 0,09-0,55) pro Tag[16], was einer Verdopplung des Anteils von Omikron an neuen Infektionen ungefähr alle 2-8 Tage entspricht.

Omikron ist genetisch am engsten verwandt mit den Varianten, die im ersten Halbjahr 2020 zirkulierten, und ist nicht direkt aus einer anderen besorgniserregenden Variante entstanden[17]. Omikron unterscheidet sich durch rund 30 Mutationen im Stachelprotein von den ursprünglich zirkulierenden Varianten[18]. Diese Mutationen haben wichtige Teile des Stachelproteins deutlich verändert.

Forschungsergebnisse der letzten Woche[19],[20],[21],[22],[23] zeigen eine starke Verringerung der Neutralisation von Omikron mit Seren von Geimpften und Genesenen. Allgemein ergibt sich das Bild, dass Seren von Personen, welche sowohl genesen als auch geimpft sind, starker neutralisieren als die Seren doppelt Geimpfter. Eine dritte Impfdosis führt zu einer starken Erhöhung der Neutralisation.

Ein Preprint[24] hat auf Grund epidemiologischer Daten die Wirksamkeit der Impfstoffe von Oxford/AstraSeneca und BioNTech/Pfizer gegen die symptomatische Infektion mit Omikron geschätzt: der Schutz von BioNTech/Pfizer fiel von 88% 2-9 Wochen nach der zweiten Impfung auf rund 35% (95% UI: 10-50%) nach 4 Monaten. Auch in dieser Studie führt eine dritte Impfdosis zu einer starken Erhöhung des Schutzes, nämlich, zumindest kurzfristig, auf 60-85%. Dies entspricht in etwa dem Schutz von doppelt Geimfpten bei Delta. Die langfristige Wirkung kann noch nicht beurteilt werden.

Die aktuelle Datenlage legt also nahe, dass eine dritte Impfdosis die zu erwartete Krankheitslast durch Infektionen mit Omikron reduzieren kann. Eine massive Erhöhung der Impfgeschwindigkeit und ein Verkürzen des Abstands zwischen zweiter und dritter Impfung auf 3-4 Monate würde erlauben, dass ein grösserer Teil der Geimpften ihre dritte Dosis erhalten könnten vor einer Ansteckung mit Omikron.

Zur Schutzwirkung der Impfung gegen schwere Verläufe bei Infektion mit Omikron liegen noch keine Daten vor. Diese werden in den nächsten Wochen erwartet.

Quellen:

[1] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-23-november-2021/

[2] https://sciencetaskforce.ch/reproduktionszahl/ und https://ibz-shiny.ethz.ch/covid-19-re-international/: Die Schätzungen von Re über die letzten Tage können leichten Schwankungen unterliegen. Diese Schwankungen treten insbesondere in kleinen Regionen, bei sich ändernder Dynamik und bei niederen Fallzahlen auf.

[3] https://ibz-shiny.ethz.ch/covidDashboard/trends: Aufgrund von Melderverzögerungen werden die letzten 3 respektive 5 Tage für bestätigte Fälle und Hospitalisationen/Todesfälle nicht berücksichtigt.

[4] https://ibz-shiny.ethz.ch/covidDashboard/, Dashboard Time Series

[5] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-07-december-2021/

[6] https://icumonitoring.ch

[7] https://www.covid19.admin.ch

[8] https://cov-spectrum.ethz.ch/

[9] https://sciencetaskforce.ch/en/scientific-update-of-07-december-2021/

[10] https://www.who.int/news/item/26-11-2021-classification-of-omicron-(b.1.1.529)-sars-cov-2-variant-of-concern

[11] https://bnonews.com/index.php/2021/11/omicron-tracker/

[12] https://www.gisaid.org/hcov19-variants/

[13] https://www.gisaid.org/hcov19-variants/

[14] https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/1040076/Technical_Briefing_31.pdf

[15] https://files.ssi.dk/covid19/omikron/statusrapport/rapport-omikronvarianten-11122021-uy12

[16] https://www.mcid.unibe.ch/unibe/portal/fak_vetmedizin/vetsuisse_kzen/micro_mcidi/content/e1047007/e1047011/e1047016/e1153060/e1155633/files1155634/MCID-OmicronEvent_Althaus_eng.pdf

[17] https://nextstrain.org/

[18] https://www.gisaid.org/hcov19-variants/

[19] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.12.08.21267417v1.full.pdf

[20] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.12.07.21267432v1.full.pdf

[21] https://drive.google.com/file/d/1CuxmNYj5cpIuxWXhjjVmuDqntxXwlfXQ/view

[22] https://drive.google.com/file/d/1zjJWsybGaa3egiyn5nQqTzBtl0kmvMUu/view

[23] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.12.10.21267534v1.full.pdf

[24] https://khub.net/documents/135939561/430986542/Effectiveness+of+COVID-19+vaccines+against+Omicron+variant+of+concern.pdf/f423c9f4-91cb-0274-c8c5-70e8fad50074

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