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The Swiss National COVID-19 Science Task Force was dissolved on 31 March 2022.

It has been replaced by the Scientific Advisory Panel to ensure that the cantons and the Confederation can continue to benefit from scientific expertise in the context of the SARS-CoV-2 pandemic.

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Professorin am D-BSSE

Speech by Tanja Stadler at the Point de presse, 29 November 2021

Original text in German

Sehr geehrte Damen und Herren, Mesdames et Messieurs,

Seit Ende letzter Woche ist eine neue Variante bekannt: B.1.1.529 oder wie sie von der Weltgesundheitsorganisation WHO am vergangenen Freitag benannt wurde, Omikron. Heute möchte ich darlegen, was zu dieser Variante bekannt ist, was noch nicht bekannt ist, und was das aus wissenschaftlicher Sicht für die Schweiz bedeutet.

SARS-CoV-2 mutiert seit Beginn der Pandemie. Rund alle zwei Wochen tritt im Genom von SARS-CoV-2 eine Mutation auf. Die Wissenschaft verfolgt all diese Mutationen, um sogenannte besorgniserregende Varianten sofort erkennen zu können. Die WHO klassifiziert Varianten als besorgniserregend, wenn sie mindestens eine von drei Eigenschaften erfüllen. Erstens, die Variante zeigt eine erhöhte Übertragbarkeit. Zweitens, die Variante führt zu schweren Erkrankungen. Oder drittens, die Variante umgeht die Immunantwort nach einer Impfung oder einer durchgemachten Erkrankung. In der Schweiz haben sich bis anhin zwei besorgniserregende Varianten ausgebreitet: Alpha und Delta.

Am Freitag 26. November stufte die Weltgesundheitsorganistation die Variante B.1.1.529 als besorgniserregende Variante ein. Dies, weil es Hinweise gibt, dass die Omikron-Variante die erste und dritte Eigenschaften, dh. erhöhte Übertragbarkeit und Umgehung der Immunantwort, aufweisen könnte. Zur zweiten Eigenschaft, also zum Schweregrad der Krankheitsverläufe, haben wir noch keine Daten, weshalb wir dazu auch noch keine Aussage machen können.

Wie kam es zu diesen Einsichten? Ein Rückblick auf die letzte Woche hilft uns das zu verstehen.

Wie in der Schweiz und in den meisten Regionen der Welt, wurde in Südafrika seit Frühsommer 2021 die Pandemie von der Delta-Variante dominiert. Nachdem im Juli die Fallzahlen in Südafrika bei über 20’000 lagen, gingen diese bis Anfang November auf wenige hundert Fälle pro Tag zurück. Die Deltawelle schien gebrochen zu sein. Doch seit der zweiten Novemberwoche, begannen die Zahlen plötzlich wieder anzusteigen, mit einer Verdopplung der Fallzahlen innert weniger als einer Woche. Diese Ausbreitung zeigt sich auch in Abwasserdaten, ist also nicht auf vermehrtes Testen zurückzuführen.

Südafrikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welche mit Hochdruck Genomsequenzierung der Viren durchführten, wiesen am 24. November in einigen dieser Neuansteckungen die  Variante Omikron nach.

Nähere Analysen zeigen, dass die Omikron Variante unabhängig von den Varianten wie Alpha und Delta entstanden ist. Omikron ist verwandt mit Viren, die bereits im Frühjahr 2020 zirkulierten. Sie weist aber einige Mutationen auf, die wir von anderen besorgniserregenden Varianten kennen.

Insgesamt weist Omikron rund 30 Mutationen im Stachelprotein auf. Laboruntersuchungen und computergestützte Berechnungen lassen vermuten, dass einige dieser Mutationen das Stachelprotein so verändern könnten, dass sie die Antikörperantwort verschlechtern. Das würde heissen, dass Geimpfte und Genesene einen reduzierten Schutz gegen eine Infektion mit dieser Variante hätten. Auch Antikörpertherapien könnten dadurch weniger wirksam sein. Dies wuerde bedeuten dass Omikron die Eigenschaft 3 einer besorgniserregenden Variante erfuellt.

Diese Mutationen deuten zudem darauf hin, dass es besser an menschliche Zellen bindet und daher auch generell ansteckender sein könnte, dh. Eigenschaft 1 erfüllt.

Am 25. November präsentierten südafrikanische Forschendein einem Briefing des Gesundheitsministeriums aktuelle epidemiologische Daten. Diese zeigten, dass sich die neue Variante in verschiedenen Regionen von Südafrika rasch ausbreitet. Auffallend war, dass die Anzahl nachgewiesener Omikron-Fälle in diesen Regionen zugenommen hatte, während Delta-Fälle in den gleichen Regionen und während des gleichen Zeitraums nicht wesentlich zunahmen.

Was bedeutet dies? 

Omikron scheint das Potential zu haben, sich auch da rasch ausbreiten zu können, wo ein hoher Anteil der Bevölkerung genesenen oder geimpften ist und wo Delta sich nicht weiter ausbreitet. Mit anderen Worten: Omikron scheint einen Vorteil gegenüber Delta zu haben.

Einige entscheidende Fragen zu Omikron müssen untersucht werden.  

1)  Wie gut schützt die Impfung bzw. Genesung gegen schwere Covid-19 Verläufe, wenn sich jemand mit Omikron ansteckt?

2)  Wie schwer sind Infektionen mit Omikron bei Menschen ohne Impfung oder Genesung?

3)  In welchem Ausmass schützt die Impfung und Genesung vor Infektion und Longcovid bei Omikron?

Um diese Fragen zu beantworten werden in Südafrika mit Omikron infizierten Patienten und Patientinnen in Bezug auf Schwere der Verläufe genau beobachtet. Auch wenn die Antikörper Antwort gegen Omikron schlechter ist, könnten andere -sogenannte zelluläre- Immun-Antworten weiter einen Schutz gegen schwere Verläufe bieten. Erste aussagekräftige Resultate dazu werden jedoch erst in einigen Wochen verfügbar sein.

Weiter wird in verschiedenen Laboren weltweit untersucht, wie die Antikörperantwort gegen Omikron genau aussieht, und wie gut diese ist. Dies wird dann erlauben abzuschätzen,wie gut die vorhandenen Impfstoffe gegen Infektion schützen und wie gut Antikörpertherapien funktionieren werden. Solche Resultate erwarten wir in wenigen Tagen.

Was bedeutet diese neue Entwicklung für die Schweiz?

Weil Omikron sich in Gebieten rasch ausbreitet, wo vormals Delta dominant war, müssen wir davon ausgehen, dass sich Omikron auch in der Schweiz schneller ausbreiten könnte als Delta.

Die anfängliche Ausbreitung von Omikron in der Schweiz kann über die Steuerung von Reisetätigkeit, und über Quarantäne und Tests für Reiserückkehrer aus bestimmten Gebieten gebremst werden.

Erste Übertragungsketten können mit speziellen PCR Tests und einer sorgfältigen Kontaktnachverfolgung durchbrochen werden. Diese Ansätze erlauben uns, Zeit zu gewinnen.

Diese Zeit sollten wir nutzen. Reduzieren wir  Kontakte, dann vermeiden wir  grundsätzlich Übertragungen. Zudem sind die dritten Impfungen entscheidend. Auch wenn die Mutationen darauf deuten, dass Omikron der Immunantwort zum Teil ausweicht, wird ein höherer Antikörper-Spiegel nach einer dritter Impfung auch die die Abwehr gegen Omikron verbessern.

Meine Damen und Herren, ich habe mich heute speziell auf die Entwicklungen im Zusammenhang mit Omikron konzentriert. Diese neue Variante darf jedoch keinesfalls von unserem aktuellen Problem – Delta – ablenken. Es ist die Delta-Variante, welche bis Weihnachten die Fallzahlen, die Spitalbelastung, und Ansteckungen in den Schulen bestimmen wird.

Mehr denn je sind die altbewährten Massnahmen gefragt: Kontakte reduzieren, Hygienemassnahmen konsequent einhalten, Impfungen durchführen. So schützen wir nicht nur uns selbst, sondern auch die Menschen, die sich nicht selbst mit einer Impfung schützen können. Und es ist davon auszugehen, dass eine hohe Immunität in der Bevölkerung durch Erst- Zweit- und Drittimpfungen auch im Umgang mit Omikron helfen wird.

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