8. November
– Policy Brief
Eine zehntägige Quarantänepflicht nach der Heimkehr aus einem Land mit erhöhtem Ansteckungsrisiko verursacht nach unseren Modellrechnungen in nicht akuten Phasen der Pandemie für jede so verhinderte Infektion erhebliche wirtschaftliche Kosten. Im Rahmen des Contact Tracings angeordnete Quarantänen scheinen wirksamer zu sein. Auch eine Verkürzung der Quarantänedauer nach einem negativen Testresultat erscheint unter einem Kosten-Nutzen-Gesichtspunkt positiv. Während einer exponentiellen Wachstumsphase der Epidemie trifft diese Analyse nicht zu.
Global betrachtet gibt es im Rahmen der COVID-19-Epidemie und insbesondere bei stark ansteigenden Fallzahlen kein Abwägen zwischen Wirtschaft und öffentlicher Gesundheit. Denn es ist auf jeden Fall billiger, die Fallzahlen der Epidemie niedrig zu halten, als sie sich ausbreiten zu lassen. Und eine erfolgreiche Eindämmung der Epidemie bleibt die absolute Voraussetzung für die wirtschaftliche Erhohlung.
Dennoch sind, hinsichtlich einzelner Massnahmen und wenn die Zahl der Infektionen stabil bleibt, Abwägungen zwischen epidemiologischer Wirkung und wirtschaftlichen Kosten angebracht. Dahingehende Analysen können politischen Entscheidungsträgern nachvollziehbare Grundlagen liefern für Abwägungen zwischen verschiedenen Massnahmen. Unser Modell liefert eine grobe Schätzung der direkten und indirekten Kosten der derzeitigen 10-Tage-Quarantäne nach der Rückkehr aus einem Risikoland und vergleicht sie mit der geschätzten Anzahl der Infektionen, die dadurch verhindert werden. Die Hauptannahmen des Modells sind eine Infektions-Prävalenz von 0,5% unter Risikoland-Rückkehrern, wirtschaftliche Kosten von 230 CHF pro Quarantänetag (abgeleitet vom Pro-Kopf-BIP), Testkosten von 170 CHF und eine Wirksamkeit der Quarantäne, die mit ihrer Dauer und mit der Anzahl der Personen, die sie einhalten, ansteigt.
Ein Test bei der Ankunft, der es im Fall eines negativen Resultats erlauben würde, die Quarantäne nach zwei Tagen abzubrechen, würde hohe wirtschaftliche Kosten vermeiden, es gleichzeitig aber auch ermöglichen, dass mehr infizierten Reisende das Virus in der Schweiz verbreiten. Im Vergleich zu diesem Szenario verursacht die 10-Tage-Regelung Kosten von zwischen 0,5 und 1 Million Franken für jede dadurch verhinderte zusätzliche Infektion. Diese Zahl erhöht sich auf rund 7 Millionen Franken, wenn man die derzeitige Regelung mit einer Situation vergleicht, in der sich Reisende isolieren, nach 5 Tagen getestet werden und im Falle eines negativen Ergebnisses die Quarantäne zwei Tage später verlassen.
Beim Contact Tracing schlägt gemäss unserem Modell jede durch die gegenwärtige Regelung vermiedene Infektion, verglichen mit einer Verkürzung der Quarantäne mittels eines Tests nach 5 Tagen, nur mit zwischen 80 000 bis 130 000 CHF zu Buch – also mit weit geringeren Kosten als bei der Rückkehr aus einem Risikoland. Dies zeigt die grössere Wirksamkeit von Quarantänen, die im Rahmen des Contact Tracings angeordnet werden.
Anzumerken ist, dass eine Quarantänepflicht nach der Rückkehr aus dem Ausland dann eine wichtige Rolle spielen könnte, wenn die Epidemie in der Schweiz dank einem effizienten Contact Tracing praktisch ausgerottet wäre oder wenn im Ausland neue virulentere Mutationen des Virus zirkulieren würden. Wir betonen zudem, dass eine Lockerung der geltenden Massnahmen in der gegenwärtigen Situation, in der weiterhin die Gefahr einer Überlastung der Spitäler besteht, ausgesprochen heikel wäre.
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Date of response: 8/11/2020 and 12/10/2020
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Expert groups and individuals involved: Economics
Contact persons: Marius Brülhart (marius.brulhart@unil.ch), Jan-Egbert Sturm (sturm@kof.ethz.ch)